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Ein Blick über Mariupol im April 2022.

© AFP/ANDREY BORODULIN

Ukraine-Invasion Tag 726: Das Grauen von Mariupol

Bundesregierung bestellt nach Nawalnys Tod russischen Botschafter ein, Industrieanlage in Awdijiwka wohl unter russischer Kontrolle. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Der Kampf um Mariupol und der Fall der Stadt im ersten Kriegsjahr gehört zu den einschneidenden Momenten des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Erst vor wenigen Tagen hatte unsere ukrainische Kollegin Valeriia Semeniuk aufgeschrieben, wie es sich heute in der Stadt lebt (hier nachzulesen). Die Ereignisse von damals sind in einer Dokumentation zu sehen, die man sich in der ARD-Mediathek anschauen kann (Quelle hier).

Der Film wurde bereits für den Oscar nominiert und ist gestern Abend mit dem Bafta-Preis als beste Dokumentation ausgezeichnet worden. Er zeigt ein AP-Team ukrainischer Journalisten, die versuchen, die Gräueltaten des Krieges zu dokumentieren – als letzte internationale Reporter in der Stadt, als alle anderen sie bereits verlassen hatten.

Es ist ein sehr eindrücklicher und expliziter Film, davor sei gewarnt. Auch die ARD warnt davor, dass die Bilder auf manche Zuschauer verstörend wirken können. Und doch ist dieser Film wichtig, weil er den Horror des Krieges sehr anschaulich einfängt: Massengräber, tote Kinder, die Trauer der Hinterbliebenen, die Hilflosigkeit der Einwohner, die Bombardierung einer Entbindungsklinik, die damals tagelang in den Nachrichten war. 

Die Dokumentation hebt sich auch durch die recht persönlichen Eindrücke der Reporter von anderen ab. Wackelige Bilder, wenn sie sich schnell durch die Stadt bewegen oder am Ende aus Mariupol zu entkommen versuchen, inklusive.

„Mir wäre es lieber gewesen, der Film würde nicht existieren“, sagte Mstyslaw Tschernow, einer der beiden Journalisten, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. „Aber jetzt, da es ihn gibt, ist es wichtig, dass er von so vielen Menschen wie möglich gesehen wird.“ Er wolle, dass die Geschichten der Einwohner nicht vergessen werden. Bei den Bildern dieser Dokumentation scheint das auch nur schwer möglich.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Nach dem Tod des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny hat die Bundesregierung den russischen Botschafter einbestellt. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte, das Gespräch solle am Montag in Berlin stattfinden. Mehr hier.
  • Die Witwe von Alexej Nawalny hat Kremlchef Wladimir Putin den Kampf angesagt und will die Arbeit ihres Mannes fortsetzen. „Ich werde die Sache von Alexej Nawalny fortsetzen, kämpfen um unser Land. Ich rufe Euch auf, an meiner Seite zu stehen“, sagte Julia Nawalnaja in einer Videobotschaft auf Youtube. Mehr hier.
  • Die Mutter und die Anwälte von Nawalny haben nach Angaben der Sprecherin des Oppositionellen weiter keinen Zugang zur Leiche des 47-Jährigen. Am Morgen seien sie nicht in die Leichenhalle in der nordrussischen Stadt Salechard gelassen worden. Ob sich dort Nawalnys Körper befindet, ist weiter unklar. Mehr hier.
  • Die ukrainische Armee muss sich aus der seit Monaten stark umkämpften ukrainischen Stadt Awdijiwka zurückziehen. „Angesichts der operativen Lage um Awdijiwka habe ich beschlossen, unsere Einheiten aus der Stadt abzuziehen und auf günstigeren Linien in die Verteidigung zu gehen“, schrieb der neue ukrainische Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj auf der Plattform X. Mehr hier.
  • Die Ukraine muss nach Angaben von Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis derzeit mit einem drastischen Mangel an Munition gegen Russland kämpfen. Das Verhältnis sei sechs zu eins, was bedeute, dass von sechs Raketen, die die Russen auf die Ukrainer abfeuern könnten, die Ukrainer nur eine zurückschießen könnten, sagte er zu Beginn eines EU-Außenministertreffens. Mehr in unserem Newsblog.
    Nach seiner Rückkehr von der Münchner Sicherheitskonferenz ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an die Front in der Ostukraine gereist. „Ich bin froh, heute hier zu sein und Euch zu sehen“, sagte der Staatschef gemäß einer Mitteilung am Montag bei einer Ordensverleihung an Soldaten.
  • Lettlands Innenminister Rihards Kozlovskis rechnet nicht mit einer massenhaften Zwangsausweisung von russischen Staatsbürgern, die keine Aufenthaltserlaubnis mehr in dem Land haben. Eher werde es sich um Einzelfälle handeln, da die betroffenen Personen Lettland entweder freiwillig verlassen oder gegen Berufung die Entscheidung einlegen würden, sagte er im lettischen Fernsehen.
  • Der ukrainische Inlandsgeheimdienst hat nach eigenen Angaben einen russischen Agenten enttarnt, der russische Luftangriffe auf die Region Tscherkassy vorbereitete. Die Hauptaufgabe des Mannes bestand demnach darin, Eisenbahnknotenpunkte ausfindig zu machen, von denen aus militärische Ausrüstung an die Front gebracht wird.
  • Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) ruft deutsche Firmen zu Investitionen in der Ukraine auf. Während des Krieges sei das natürlich schwierig, räumte Schulze in einem Interview vom Internetportal „web.de“ ein. „Doch in der Ukraine wird weiter produziert. Dort wird nach dem Krieg ein großer und interessanter Markt entstehen“, sagte Schulze. 
  • Russland hat nach eigenen Angaben nun auch die vollständige Kontrolle über das Koks- und Chemiewerk in Awdijiwka übernommen. Das berichten staatliche russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. 
  • Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili hat vor der Gefahr russischer Aggressionen auch gegen andere europäische Länder gewarnt, sollte die Ukraine den Krieg verlieren. „Es liegt in der Natur Russlands, dass es nicht aufhört, wenn es nicht gestoppt wird“, sagte die 71-Jährige. 
  • Der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida hat seinen ukrainischen Amtskollegen Denys Schmyhal anlässlich der Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine in Tokio empfangen. „Japan hat die Ukraine unterstützt und wird dies auch weiterhin tun“, sagte Kishida in seiner Eröffnungsrede.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist nach eigener Darstellung zufrieden von der Sicherheitskonferenz in München abgereist. „Unsere ukrainische Sicht auf die globale Agenda wurde von unseren Partnern unterstützt“, sagte er am Sonntag in seiner allabendlichen Videoansprache. Er habe bei all seinen Gesprächen in München Unterstützung für die Ukraine erfahren.

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