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AUGENringe: Der 29. Juli fällt aus

Helga Beimer, der Feudel und das echte Leben - die Medien-Kolumne zu Olympia.

Helga Beimer steht mit dem Feudel herum. Das macht sie im Grunde ja seit 1985 so: in der „Lindenstraße“, jeden Sonntag im Ersten, kurz vor 19 Uhr. Auch in der Folge vom vergangenen Sonntag, als es zum Ende darum ging, ob Deutschlands TV-Mutter Nummer eins in der Lindenstraße das runtergekommene Feinkostgeschäft „Alimentari“ übernimmt. Vorher muss natürlich noch geputzt werden. Liebe ARD, was das mit Olympia zu tun hat? Olympia ist schuld, dass die Beimer nun zwei Wochen im „Alimentari“ herumstehen muss; wie eingefroren, mit Feudel. Erstmals in ihrer 27-jährigen Geschichte fällt die „Lindenstraße“ aus. Wegen Olympia, an diesem Sonntag und noch mal am 12. August.

Hardcorefans wissen: Während der WM 2010 wurde Deutschlands erste Seifenoper schon einmal nach hinten verschoben, sie lief am frühen Montagmorgen. Aber sie lief eben. Warum die „Lindenstraße“ früher trotz Olympia im Programm blieb und jetzt nicht mehr – dazu gibt es eigentlich keine befriedigende Auskunft. ARD-Sprecher Bernhard Möllmann verweist darauf, dass am Sonntag auch der „Tatort“ oder der „Bericht aus Berlin“ ausfallen würden. Das bedeute wiederum nicht, dass der ARD die Sportfans wichtiger seien als die „Lindenstraßen“-Fans. „Aber Olympia ist ein Großereignis, da schaut die ganze Welt nach London.“ So ein Schmarrn! würde – Gott hab sie selig – Else Kling schimpfen. Immer noch drei Millionen Zuschauer glauben Woche für Woche an die kleinbürgerliche Welt des „Lindenstraße“-Erfinders Hans W. Geißendörfer. Für die ist eine Woche „Lindenstraße“ eine Woche echtes Leben. Für die ist erst Ostern, wenn bei Beimers Ostern ist. Für die wird der 29. Juli 2012, der Tag, an dem Helga Beimer im Feinkostladen eingesperrt bleibt, aus dem Kalender gestrichen. Da kann in London siegen, wer will.Markus Ehrenberg

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