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Medien: Aus der Traum

IM RADIO Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten Irgendwie haben wir uns das mit dem 21. Jahrhundert schöner vorgestellt.

IM RADIO

Tom Peuckert verrät, was

Sie nicht verpassen sollten

Irgendwie haben wir uns das mit dem 21. Jahrhundert schöner vorgestellt. Jeder Deutsche, glaubten wir, verwandelt sich in eine florierende IchAG, der DAX steht dauerhaft in den Wolken, zwischen Rhein und Oder herrscht ewiger Frieden. Nun erleben wir die Baisse auf ganzer Linie. Die weltgeschichtlichen Aussichten sind düster, der Teuro rinnt wie Sand aus den Taschen, des Kanzlers Kopf wirkt definitiv ergraut. Und jetzt gibt es sogar Zoff mit dem Großen Bruder. Gehören wir noch zur transatlantischen Wertegemeinschaft? Oder doch schon irgendwie zu Havanna?

„Vater Mutter USA“ heißt ein Essay von Michael Rutschky, der das politische Dilemma dieser Tage einmal präzise durchdekliniert. Rutschky wählt für seinen Text eine familiäre Grundsituation: Vater, Mutter, Sohn und Tochter streiten daheim über das wahre Gesicht der Weltmacht USA. Ein Schlagabtausch der Generationen und Geschlechter. Es wechseln Erfahrung und Reflexion, Phantasmagorie und Paranoia. Amerika als schützender Vater, der leider auch in furchtbare Wut geraten kann. Als nährende Mutter, die ihre Schützlinge bis ans Lebensende zu gängeln versucht. Der Publizist Rutschky hat anderswo nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihm die Verwestlichung, ja Amerikanisierung Deutschlands als historischer Fortschritt erscheint. Wir ahnen also, wie der Familienstreit ausgeht (Radio Kultur, 20. Februar, 21 Uhr, UKW 92,4 MHz).

Der Dramatiker Volker Braun, sozialisiert an der Ostfront des Kalten Krieges, widmet den USA weniger dialektisches Engagement. Für ihn ist Amerika schlicht ein Wiedergänger des Römischen Imperiums. Ein Staat mit unerfreulichen ökonomischen Fundamenten, der sich vor allem um seine eigene Machterhaltung kümmert. „Das Wirklichgewollte“ heißt Brauns Hörspiel, in dem er Rückschau hält auf das, was von der linken Revolution übrig geblieben ist. Ein altes Paar in der Toscana und ein greiser Stadtplaner in Rio de Janeiro sind seine Hauptfiguren. Einst haben sie von der Revolution geträumt. Nun leben sie in privatem Wohlstand, doch von der Zeit überrollt. Es kommt zur Begegung mit der Jugend. Für einen Moment scheint eine Art utopischer Tausch möglich. Eine Befreiung aus körperlicher Not wie aus dem Zwang der Eigentumsverhältnisse. Dann schlägt alles um in Gewalt (Deutschlandfunk, 18. Februar, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

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