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Medien: Aus Liebe zum Leser

Das Magazin „bücher“ will fern von blutleerem Feuilleton sein

Fehlte das noch? Es ist 130 Seiten dick und soll alle zwei Monate für 3,80 Euro am Kiosk zu kaufen sein: „bücher – Das Magazin zum Lesen“. Im Editorial der neuen Buch-Zeitschrift aus dem Essener VVA-Verlag menschelt es ganz unheimlich. Viel ist von der Liebe zum Lesen die Rede. Chefredakteur Christian Jürgens verspricht Geschichten über die „Menschen hinter den Büchern". Also Homestorys. Die wunderbare Welt der Lektüre soll den angeblich „blutleeren Bleiwüsten“ des garstigen Feuilletons entrissen werden.

Beim ersten Durchblättern fällt auf: Tatsächlich ist zwischen den Buchstaben viel Platz, meistens für Bildchen. Das Wort „exklusiv" prangt schon auf dem Titel, von den besprochenen Büchern werden die Cover abgebildet. Die Aufmachung erinnert an Werbebroschüren großer Buchhandelsketten. Das Programm ist klar: Mit seiner opulenten Startauflage von 100 000 Exemplaren geht es „bücher“ nicht um geistigen Höhenkamm, sondern um populäre Themen, nicht nur um Literatur, sondern um Bücher aller Art.

Die Titelgeschichte ist der amerikanischen Schriftstellerin Donna Tartt gewidmet. Doch Madonnas Kinderbuch kommt genauso zu seinem Recht wie das kochende Autorenduo Alfred Biolek und Eckart Witzigmann. Etliche journalistische Register werden gezogen: Ein Porträt beschäftigt sich mit Alessandro Baricco, dem Italiener zwischen Kult und Kitsch. Dann wieder gibt es eine Reportage über schreibende Hollywood-Stars von Woody Allen über John Travolta bis Steve Martin. In Kurzinterviews werden Jeffrey Eugenides, Florian Illies, Ingrid Noll oder Nina Ruge befragt. Peter Glotz führt ein kontroverses Gespräch mit dem Chef-Enthüller Hans Leyendecker.

Und schließlich: Rezensionen über Rezensionen. Die meisten in leicht verdaulichen Häppchen von etwa 25 Zeilen. Zu Don DeLillo, schwedischen Krimis im Fahrwasser von Henning Mankells Erfolgen, zu Ratgebern für gestresste Eltern und Lifestyle-Führern. All das ist mehr oder weniger trennscharf in sechs Rubriken sortiert wie „Gesichter & Geschichten", „Macht & Money", „Herz & Seele" und „Kind & Kegel". Dazu gibt es ein „Weihnachts-Special" und Serien über „Wiederentdeckte Klassiker", „Verhinderte Bestseller" und „Überschätzte Bücher". Die Texte sind eingängig geschrieben, teils von bekannten Autoren wie Fritz Göttler, Ingeborg Harms oder Nils Minkmar, teils von unbekannten. Ein Wertungssystem reicht von „büchertipp" bis „Finger weg". Insgesamt werden sagenhafte 250 Titel vorgestellt. Und hierin könnte die Crux liegen. Anstatt tatsächlich praktische Handreichungen zu bieten, dupliziert „bücher" den Dschungel, den es lichten will. Dass Gelegenheitsleser künftig weniger orientierungslos durch die Buchkaufhäuser stolpern werden, ist nicht ausgemacht.

Paul Graf

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