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Ausgebremst: An NRW gescheitert

Neuer Jugendmedienschutz findet im Düsseldorfer Landtag keine Mehrheit. Die Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz ist fassungslos.

Der Staatsvertrag für einen verbesserten Jugendmedienschutz im Internet kann nicht wie geplant am 1. Januar 2011 in Kraft treten. Dabei galt es als reine Formsache, dass alle Bundesländer dem neuen Staatsvertrag zustimmen würden. Nun droht die Ratifizierung an Nordrhein-Westfalen zu scheitern.

Der neue Staatsvertrag sollte unter anderem eine Altersklassifizierung für Webseiten ermöglichen. Wie bei der Klassifizierung von Filmen durch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) sollten Homepagebetreiber ihre Inhalte auf die Altersstufen zwei, sechs, zwölf, 16 und 18 Jahre hin überprüfen. So hätte eine Filtersoftware nicht altersgemäße Seiten für Kinder und Jugendliche unzugänglich gemacht.

Nachdem FDP und Linke schon vor längerem angekündigt hatten, der Novellierung nicht zuzustimmen, gab auch auch die CDU am Dienstag überraschend ihr Nein bekannt. Die rot-grüne Minderheitsregierung sieht sich nun gezwungen, den Vertrag am Donnerstag im Landtag ebenfalls abzulehnen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) erklärte, man werde für einen Vertrag, gegen den man ohnehin Bedenken habe, nicht den Kopf hinhalten. Die Vorlage der Novellierung war noch unter Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) zustande gekommen. Federführend in der Ausgestaltung des des neuen Staatsvertrages ist die Staatskanzlei des Landes Rheinland-Pfalz. Dort ist man „ratlos“ und vor allem „fassungslos“. Für einen neuen Anlauf gibt es unterdessen noch keinen Plan.

Von der Neuregelung wären praktisch alle Internetinhalte betroffen. Also nicht nur Onlinespiele, sondern auch Blogs von Privatpersonen, Foren, Chats sowie Internetauftritte von Unternehmen und selbst Dienste wie die Internetenzyklopädie Wikipedia. Anbieter kommerzieller Seiten wären ab 2011 zudem verpflichtet gewesen, den Kontakt zu einem Jugendschutzbeauftragten im Impressum zu nennen. Die gewerbliche Nutzung einer Webseite liegt vor, wenn sie sich mit Werbebannern finanziert.

Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag wurde von der Bloggerszene und Politikern aller Parteien heftig kritisiert. So sei die Neuregelung gerade für Laien kaum umsetzbar, weil es nicht möglich sei, alle Inhalte ständig für jedes Alter zu kontrollieren. Dies gelte vor allem für Inhalte, die von den Internetnutzern selbst erstellt werden wie in Foren, Blogs und Chats. Man könne zwar pauschal alles ab 18 kennzeichnen, dies komme jedoch einer Zensur gleich. Die Meinungsvielfalt, die das Internet ausmache, wäre dann in Gefahr. Ausnahmen sollte es nur für journalistische Inhalte von Massenmedien geben. Kleinere politische Nachrichtenblogs wären für Jugendliche nicht mehr erreichbar gewesen.

Viele Kritiker halten die Neuerungen ohnehin für nicht wirksam. Kinder und Jugendliche seien in der Lage, Filtersoftwareprogramme zu umgehen, da sie technisch meist besser informiert seien als ihre Eltern.Sebastian Michael Brauns

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