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Kurze Sendezeit. Johannes B. Kerner fing im November 2009 mit „Kerner“ und hört im Dezember 2011 damit auf. Foto: dpa

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Ausstieg: Kerner gibt „Kerner“ auf

Überraschung: Sat 1 stellt sein Wochenmagazin Ende 2011. Moderator und Privatsender zweifeln am Erfolg. Champions League und Quiz soll Kerner aber weiter moderieren.

Johannes B. Kerner ist ein Kämpfer. Bis der Moderator und TV-Produzent einen Sendeplatz räumt, muss er vieles, ja alles versucht haben, um diesen Sendeplatz als Erfolg auszuweisen. Als Kerner vor zwei Jahren vom öffentlich-rechtlichen ZDF zum Privatsender Sat 1 zurückkehrte, ging er ins Risiko. Nicht länger wollte er am späten Abend talken, er wollte mit „Kerner“ ein Wochenmagazin produzieren und präsentieren, das sich hinter „Stern TV“ bei RTL nicht zu verstecken brauchte. Diesen Ehrgeiz gibt der 46-jährige Bonner auf. Sat-1-Sprecherin Diana Schardt bestätigte am Dienstag, dass „Johannes B. Kerner am 15. Dezember in Form eines Jahresrückblicks zum letzten Mal sein Magazin präsentieren wird.“

Das Ende kommt abrupt, es ist freilich nicht gewaltsam, es fußt, so ist zu hören, auf der gemeinsamem Einsicht von Sender und Mitarbeiter. Kerner hatte sich Ende September erstmals kritisch zu seiner eigenen Sendung geäußert und diese im Interview mit dem Branchendienst dwdl.de infrage gestellt. „Das Magazin hat ja eine inhaltliche Wendung genommen, und ich habe mich zuletzt beim Moderieren der Sendung und beim Anschauen manchmal gefragt, ob das noch die Sendung ist, die zu mir passt“, sagte er. Quoten seien eben nur die zahlenmäßige Betrachtung. Sein eigenes Urteil sei härter als das des Publikums. „Tatsächlich bewerte ich so eine Sendung auch inhaltlich und frage mich, ob das eine Sendung ist, die ich dauerhaft moderieren möchte.“

Die Quoten, sie sind das Maß aller Dinge beim kommerziellen Fernsehen und seinen Werbeerlösen, ließen keine gloriose Zukunftsprognose zu. In der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen erreichte „Kerner“ 2010 im Schnitt 680 000 Zuschauer, das ist ein Marktanteil von 9,4 Prozent. 2011, das Magazin war längst vom schwarzen Montag zum Donnerstag gewandert und mit der stabilen Anfangszeit 22 Uhr 15 versehen worden, ging es aufwärts – 780 000 Zuschauer und 9,8 Prozent Marktanteil. Erstens ist das vom erhofften, erwünschten zweistelligen Wert weiter entfernt, zweitens ist die Entwicklung nach der Sommerpause bedenklich: 9,1 Prozent im September, 8,8 Prozent im Oktober. Da ist Optimismus in endlich positive Zahlen schwer aufzubringen.

Die Fernsehzuschauer sind schwer auszurechnen, sie irren sich aber selten, sie scheinen des Moderators Unlust längst bemerkt zu haben. Dann ist „Kerner“ bei Inhalten und Machart nicht das Magazin, das das allgemeine Sat-1-Publikum in großer Zahl anzieht. Bei dem hat sich Ulrich Meyer mit seiner nie endenwollenden „Akte“ und deren Ableitungen in Einzelformaten unentbehrlich gemacht. Meyer wechselt zwischen Empörungsgestus – Unerhört, diese Abzocke bei den Energiekosten – und Beratungsmodus – So können Sie bei den Energiekosten sparen. Das ist nahe am Herzen und am Geldbeutel vom (kleinen) Mann auf der Straße.

Johannes B. Kerner hat aktuell andere Sorgen. Er muss zusehen, dass die „Magazin“-Redaktion in seiner Firma „JBK TV“ weiter in Arbeit und Brot ist, er muss zudem auf seine eigene prominente Bildschirmpräsenz achten. Er wird nun noch bis zum Ende der Saison 2011/2012 die Sat-1-Übertragungen der Fußball-Champions-League moderieren, dann gibt der Sender die Rechte an das ZDF ab. „Das große Allgemeinwissensquiz“ wird er weiter präsentieren. Insgesamt aber ist der führende Fernsehmitarbeiter Kerner eine andere Schlagzahl gewohnt. Akquise ist angesagt.

Sat 1 hat zum Jahresende hin eine Sendelücke am Donnerstag um 22 Uhr 15. Sie soll keinesfalls durch eine dritte Ausgabe der „Harald Schmidt Show“ gefüllt werden. Das hieße, eine große Baustelle mit dem Einrichten einer noch größeren Baustelle fertigstellen zu wollen. Ob der noch immer erfolglose Schmidt gezuckt hat, als er vom Schicksal seines Sat-1-Kollegen Kerner gehört hat? Joachim Huber

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