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Medien: Brüsseler Spitzen

EU nickt Gebührenfinanzierung mit Auflagen ab

Selten, dass ein Schreiben der EU-Kommission bei allen Betroffenen Beifall findet. Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes ist das mit dem am Dienstag veröffentlichten Brief gelungen, mit dem die EU-Kommission die Einstellung des Verfahrens wegen des Verdachts auf unzulässige Beihilfen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bekannt gab. Damit ist klar, dass die Gebührenfinanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio mit europäischem Wettbewerbsrecht vereinbar ist. ARD-Generalsekretärin Verena Wiedemann sagte, „mit der Brüsseler Entscheidung bekommen wir Rechtssicherheit, um die Handlungsräume des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt zu erhalten“. ZDF-Intendant Markus Schächter sieht die Grundlagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bestätigt. Auch Jürgen Doetz, Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), der 2003 in Brüssel die zugrundeliegende Beschwerde eingereicht hatte, betonte, sein Verband fühle sich „keineswegs als Verlierer“.

Der Einstellung des Verfahrens ging ein Kompromiss zwischen der EU-Kommission und den deutschen Bundesländern als Rechtsaufsicht für die öffentlich-rechtlichen Sender voraus. Darin wurde ein Pflichtenkatalog vereinbart, der bis in zwei Jahren in einem neuen Rundfunkstaatsvertrag festgeschrieben werden muss. Der wichtigste – und vom VPRT stark applaudierte – Punkt betrifft den Programmauftrag von ARD & Co., der von den Länderparlamenten als Grundlage des Finanzierungsvolumens schärfer präzisiert werden muss.

Neelie Kroes jedenfalls erwartet, dass „die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf das Maß beschränkt wird, das zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags erforderlich ist“.

Bestehende Angebote sind davon weniger betroffen als künftige Programme für Handy, Internet und Digitalkanäle. ARD und ZDF werden bei neuen Angeboten darlegen müssen, dass sie gesellschaftlichen und publizistischen Bedürfnissen entsprechen und mit vertretbarem Aufwand produziert werden können. Die Kontrolle dafür liegt bei den Sendergremien und den Bundesländern. Für den VPRT sind das „zu allgemeine Kriterien“ und ungenügende Kontrollmechanismen, mehr noch, er sieht bereits die Gefahr für eine „aggressive digitale Expansion von ARD, ZDF und Deutschlandradio“. So werde das Digitalprogramm EinsExtra zum Nachrichtenkanal aufgerüstet – für Doetz ein „Anschlag“ auf die privaten Nachrichtensender n-tv und N 24; der ZDF-Infokanal werde als Sportprogramm genutzt, das Deutschlandradio baue mit „D-Plus“ ein drittes digitales Radioprogramm auf.

Immerhin, die genannten wie auch die weiteren Vorgaben aus Brüssel für öffentlich-rechtliche Digitalangebote – Verbot für Werbung und E-Commerce, Transparenz kommerzieller Aktivitäten – tragen für den VPRT zu einem Maßnahmenkatalog bei, der „ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer fairen dualen Rundfunkordnung“ sei. Sollten sich ARD und ZDF nicht an den Wegweisern aus Brüssel orientieren, droht VPRT-Chef Jürgen Doetz mit einem erneuten Gang zur EU-Kommission.

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