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Eltern sollten ihren minderjährigen Kindern genau erklären, welche Downloads erlaubt sind - und welche nicht.

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Update

Bundesgerichtshof urteilt zu illegalen Downloads: Eltern haften nicht automatisch - auch bei erwachsenen Kindern nicht

Was gilt, wenn erwachsene Kinder illegal Musik herunter laden? Der Bundesgerichtshof hat dazu eine Grundsatzentscheidung gefällt. Angestoßen hatte das Verfahren ein Polizeibeamter, der sich mit Internetpiraterie beschäftigt.

Der Fall, über den Wolfgang Büscher als Vorsitzender Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) am Mittwoch verhandelte, hat grundsätzliche Bedeutung. Die Frage, auf die eine juristische Antwort gesucht wurde, lautete: Haften Eltern auch noch für volljährige Kinder, wenn sie in einem Haushalt leben und illegal Musik oder andere urheberrechtlich geschützte Werke aus dem Internet heruntergeladen haben? Die Antwort stellt für die Eltern eine erhebliche Entlastung dar: Sie haften nicht automatisch für die Teilnahme ihrer volljährigen Kinder an illegalen Internet-Tauschbörsen, hat der BGH am Mittwoch entschieden. Eltern müssten ihre erwachsenen Kinder nicht generell über die Illegalität solcher Tauschbörsen aufklären. Das müsse erst geschehen, wenn es Anhaltspunkte dafür gebe, dass das Kind solche Tauschbörsen bereits in Anspruch genommen habe oder in Anspruch nehmen werde. Für minderjährige Kinder hatte der BGH dazu bereits im Jahr 2012 ein maßgebliches Urteil gefällt. Das Gericht hatte festgestellt, dass Eltern nur dann haftbar gemacht werden können, wenn sie ihre minderjährigen Kinder nicht ausreichend über die Unrechtmäßigkeit illegaler Downloads hingewiesen haben.

"Eine Wende im Abmahnwahn wegen Filesharing"

Bei dem damals 20-Jährigen hat es sich um den Stiefsohn des Anschlussinhabers gehandelt. Dass sich dieser als Polizeibeamter beruflich mit dem Thema Internetpiraterie beschäftigt hat, gehörte zu den interessanten Randbedingungen des Falls. Unabhängig davon musste das BGH entscheiden, ob volljährige Kinder überhaupt noch instruiert werden müssen oder ob der Anschlussinhaber davon ausgehen kann, dass sie wissen, was sie tun. Dass sich Gericht dieser Einschätzung angeschlossen hat, sei „eine wesentliche Wende im Abmahnwahn wegen Filesharing“, glaubt der Düsseldorfer Anwalt Michael Terhaag.

Dem Gericht lagen die Klagen von vier führenden Plattenfirmen gegen den Polizeibeamten vor. Die Unternehmen verlangten Abmahnkosten in Höhe von rund 3400 Euro. Der Beamte war 2007 abgemahnt worden, weil sein erwachsener Stiefsohn 3749 Musikdateien auf einer Internet-Tauschbörse zum Herunterladen angeboten hatte. Der Vorgang selbst war unstrittig: Der Stiefsohn hatte zugegeben, die Musikstücke im Jahr 2006 über die Tauschbörse BearShare heruntergeladen zu haben. Die Plattenfirmen hatten sich in der Abmahnung auf die sogenannte Störerhaftung gestützt. Danach haftet der Anschlussinhaber auch dann, wenn er das Urheberrecht nicht selbst verletzt hat, sondern nur die technische Infrastruktur zur Verfügung stellt. Der Polizist hat diese Haftung auch teilweise akzeptiert, indem er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat – allerdings ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Er erklärte sich jedoch nicht damit einverstanden, die Abmahnkosten zu begleichen. Die Plattenfirmen legten Klage ein. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Köln gaben ihnen recht. Die Gerichte argumentierten, dass der Anschlussinhaber nicht habe nachweisen können, dass er seinen volljährigen Ziehsohn hinreichend über die rechtmäßige Nutzung des Internetanschlusses instruiert hat. Er hätte den Ziehsohn explizit darauf hinweisen müssen, dass die Nutzung von Tauschbörsen zum illegalen Download verboten ist. Der Polizist ließ es nicht dabei bewenden. Weil das Oberlandesgericht keine Revision zugelassen hat, rief er sogar das Bundesverfassungsgericht an – das den Vorgang nun an den Bundesgerichtshof zur Klärung verwiesen hat.

BGH hatte bei minderjährigen Kindern bereits im Grundsatz entschieden

Bereits mit seiner Entscheidung von 2012 über die Haftung bei minderjährigen Kindern hatte der BGH viel Druck von den Eltern genommen. Instruieren ja, überwachen nein, heißt die Regel: „Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht“, hieß es in der Begründung. Die Aussichten für den Polizeibeamten vor dem BGH waren nicht schlecht, wie der Kölner Anwalt Christian Solmecke im Vorfeld festgestellt hatte. So hatten zuvor bereits das Oberlandesgericht Frankfurt und das Landgericht Mannheim geurteilt, dass bei volljährigen Kindern genauso wie bei Ehepartnern nicht von einer Hinweis- oder Kontrollpflicht ausgegangen werden kann. Kurt Sagatz

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