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Comedy: Florian Schroeder: Ich bin wie Sie

Von Horst Köhler zu Harald Schmidt: Senkrechtstarter Florian Schroeder ist der Geheimtipp unter den Kabarettisten. Auch vor Kollegen macht er nicht halt.

Horst Köhler, Ulrich Wickert, Johannes B. Kerner und Dieter Bohlen in einer Person zu sein, das ist manchmal gar nicht so einfach. Florian Schroeder kennt sich da bestens mit aus. Der Berliner Kabarettist hat ein breites Repertoire an Prominenten-Imitationen, tourt damit gerade wieder durch Deutschland. Dass Schroeder noch mehr drauf hat als Karikaturen in Stimmen, Mimik und Gestik, beweist er in seinem monatlichen Kabaretttalk „Seitensprung“, in einem der ungewöhnlichsten Spaß-Formate im Fernsehen. Hier wechselt der 29-Jährige derart mühelos von politischer Satire zu Comedy, vom ernsthaften Gespräch zur Klamauk-Parodie, dass man sich fragt, warum alle immer von Michael Mittermeier oder Oliver Pocher reden, wenn es um das Thema intelligentere Comedy geht.

Hier ist zumindest mal einer, dessen Gesicht im Heer der allabendlichen Möchtegern-Komiker länger im Gedächtnis bleibt. Schon wird spekuliert, ob Florian Schroeder zum neuen Team von Harald Schmidt gehören könnte, welches gerade gesucht wird. „Bisher kam noch keine Anfrage“, sagt der preisgekrönte Senkrechtstarter. „Im Humor sind wir sicher verwandt, wir beackern ein ähnliches Themengebiet.“ Mit zwei eigenen Sendungen sei er aber auch gut versorgt.

Eine davon beim Kultursender 3sat, der „Seitensprung“. Mit Florian Schroeder als eine Art blödelndem Zeremonienmeister stellt sich der sogenannte Kabarettistenstreit dort in einem anderen sanfteren Lichte dar. Zur Erinnerung: Seitdem immer mehr junge, größtenteils apolitische Kabarettisten/Comedians/Parodisten den Spaßfaktor im Fernsehen erhöhen und Programmplätze besetzen, sehen sich Alt-Kabarettisten wie Dieter Hildebrandt in ihrer Art bedroht.

Florian Schroeder kann Hildebrandt verstehen. Für einen jungen Kabarettisten und ein real existierendes Publikum stelle sich diese Frage aber nicht mehr. „Die Leute suchen harte politische Satire“, sagt Schroeder, „wollen zehn Minuten später aber auch mal lachen können, ohne sich zu überlegen: Darf ich da noch lachen?“ Bei einem guten Kabarett-Programm dürfe das Publikum nicht wissen, wohin die Reise geht. „Letztlich macht man Unterhaltung, oder, wie Hanns-Dieter Hüsch sagte: Nachdenken mit unterhaltsamen Mitteln.“

Darunter fallen wohl auch Schroeders Bundespräsidenten-Parodien. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie mehr sind als pures Augenaufreißen. Sie decouvrieren Horst Köhler mit Sätzen wie: „Sie mögen mich, weil ich bin wie Sie – irgendwie deplatziert, aber dabei unglaublich nett“ . Das alles von Schroeder vorgetragen in einer Talk-Runden-Nummer: Schroeder als Bohlen, Schroeder als Kerner, Schroeder als Köhler, Schroeder als Herzog, im sekündlichen Wechsel. Auch Kollegen kriegen ihr Fett ab. Im letzten „Seitensprung“ nahm sich Schroeder Mathias Richling vor. Das ist ziemlich forsch, weil Komiker erfahrungsgemäß weniger Spaß verstehen als Politiker, wenn es um die eigene Person geht. Schroeder gibt sich da unerschrocken. „Das ist mein Job. Kabarettisten machen sich über alles und jeden lustig. Die eigene Szene darf man da nicht ausnehmen. Bei Politikern gehört es ja schon zum guten Ton, dass man sich in die erste Reihe setzt und darüber lacht, dass jetzt der Hofnarr kommt. Bei Kabarettisten ist das noch nicht so, weil die Eitelkeit ähnlich groß ist wie bei Politikern.“ Als Parodist wisse Richling aber auch, dass es die größte Ehre ist, wenn man parodiert wird.

Zurzeit ist Florian Schroeder besonders vom SPD-Kanzlerkandidaten angetan. „In meinen Augen ist Steinmeier der definitiv beste Schröder-Imitator aller Zeiten.“ Ansonsten muss der studierte Germanist und Philosoph nur den Fernseher anstellen, um sich inspirieren zu lassen: „Neulich saß Wirtschaftsminister Guttenberg bei Beckmann und sagte plötzlich, dass er aufs AC/DC-Konzert geht. Da sag'' ich vorm Bildschirm: He, super, mehr brauche ich nicht. Das macht fünf Minuten voll.“

Ein Gespräch mit Florian Schroeder ist wie Schroeders’ Arbeit: eine Synthese aus E und U, Polit-Satire und Gaga-Komik. Extrem unterhaltsam. Das hoch gehandelte Allroundtalent kann seine fünf Minuten demnächst auch an prominenter Stelle im Ersten vollkriegen, an der Seite von Harald Schmidt. Damit schlösse sich für Schroeder ein Kreis. Mit 14 hatte der Klassenclown bei „Schmidteinander“ seinen ersten Fernsehauftritt.

„Seitensprung“, Sonntag, 3sat, 21 Uhr

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