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Medien: Daten vernichten - statt berichten?

Das Hamburger Amtsgericht hat drei Redakteure der Wochenzeitung "Die Zeit" wegen eines Berichts über die große Datenlöschaktion im Bundeskanzleramt zum Ende der Ära Helmut Kohl für schuldig befunden, gegen den Paragrafen 353 d des Strafgesetzbuches verstoßen zu haben. Dieser umstrittene Paragraf verbietet es, "amtliche Schriftstücke eines Strafverfahrens in wesentlichen Teilen im Wortlaut" vor einer öffentlichen Verhandlung publik zu machen.

Das Hamburger Amtsgericht hat drei Redakteure der Wochenzeitung "Die Zeit" wegen eines Berichts über die große Datenlöschaktion im Bundeskanzleramt zum Ende der Ära Helmut Kohl für schuldig befunden, gegen den Paragrafen 353 d des Strafgesetzbuches verstoßen zu haben. Dieser umstrittene Paragraf verbietet es, "amtliche Schriftstücke eines Strafverfahrens in wesentlichen Teilen im Wortlaut" vor einer öffentlichen Verhandlung publik zu machen. Die Redakteure Thomas Kleine Brockhoff, Bruno Schirra sowie deren Ressortleiter Martin Klingst wurden vom Gericht verwarnt und müssen eine Geldstrafe von je 6000 Mark zahlen, wenn sie innerhalb von zwei Jahren noch einmal straffällig werden.

"Zeit"-Chefredakteur Michael Naumann kündigte an, die Redakteure würden in die Berufung gehen und notfalls auch das Verfassungsgericht anrufen. Naumann hält den Paragrafen 353 d für überholt. Die Redaktion wolle deshalb eine grundsätzliche Klärung erreichen. Die "Zeit" hatte im Juli 2000 in einem Dossier aus geheimen Vernehmungsprotokollen des Sonderermittlers in Sachen Datenschwund, Burkhard Hirsch (FDP), zitiert, während noch staatsanwaltschaftliche und disziplinäre Ermittlungen liefen, die im Sande zu verlaufen drohten.

Die Zeitung bekam von Hirsch jetzt Unterstützung. Ihn habe es wirklich überrascht, schrieb er an die Redaktion, dass das Strafverfahren wegen des Artikels "ernsthaft betrieben wird, während bis jetzt keine Entscheidung über das Verfahren gegen diejenigen getroffen worden ist, die die Löschtaste betätigt haben".

Karsten Plog

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