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Medien: Der Klub der lebenden Dichter

Eine „Kulturquote“ in den Fernseh-Nachrichten? Die Sender wollen Kultur-Nachrichten lieber nach der Aktualität ausrichten

Mit ihrer Forderung nach regelmäßiger Kulturberichterstattung in den Fernsehnachrichten läuft Kulturstaatsministerin Christina Weiss bei ARD und ZDF offene Türen ein. Eine „Kulturquote“, wie sie die Politikerin ins Gespräch gebracht hatte, lehnen die öffentlichrechtlichen Sender jedoch ab.

„Sie kann uns eigentlich nicht gemeint haben“, sagte der Chefredakteur von ARD-aktuell, Bernhard Wabnitz, „aber wir fühlen uns grundsätzlich der Kulturberichterstattung verpflichtet als Teil unseres Grundversorgungsauftrags.“ Kultur gehöre neben Politik und Wirtschaft zu den Grundelementen in den Nachrichtensendungen. Eine Quote erübrige sich daher. Es gebe in der ARD auch nicht nur Nachrufe, wie Weiß angedeutet hatte, sondern regelmäßig aktuelle Kulturmeldungen, etwa über Operninszenierungen oder literarische Veranstaltungen.

Auch ZDF-Sprecher Walter Kehr betonte, dass die Kultur „selbstverständlicher Teil unseres Nachrichtenangebots“ sei. Eine Quotierung sei daher nicht erforderlich und auch problematisch, weil die Nachrichtenlage von Tag zu Tag starken Schwankungen unterworfen sei. „Das Feuilleton hat seinen selbstverständlichen Platz in unseren Nachrichten“, sagte er. Was der ZDF-Sprecher nicht sagte und trotzdem eine bittere Erfahrung für den Sender war: Das „heute-journal“ hatte sich einst zur Maßgabe gemacht, jede Ausgabe mit einem Kultur-Thema zu beschließen. Dieser Vorsatz wurde in die Tat umgesetzt, allein, das Ergebnbis war niederschmetternd. Kaum die Kultur ins Bild, da kamen beim ZDF-Publikum auch schon Fluchtgedanken hoch. Das „heute-journal“ gab seine „Kulturquote“ schnell wieder auf. Der letzte Kulturträger im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist sehr wahrscheinlich „Tagesthemen“-Moderator Ulrich Wickert. Kürzlich erst zitierte er Rainer Maria Rilke.

Die Staatsministerin Weiss hatte sich am Mittwoch in einem Vortrag beim Mitteldeutschen Rundfunk in Leipzig für eine „gemäßigte Kulturquote“ in den TV-Nachrichten ausgesprochen. „Es ist wirklich an der Zeit, dass in der ,Tagesschau‘ nicht nur tote Dichter vorkommen. Eine Kulturnachricht pro Ausgabe erscheint mir nicht zu gewagt“, sagte sie. Anderen offenbar doch. jbh

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