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Medien: Deutschland füttert den Superstar

Schummel-Vorwürfe und Sex-Skandälchen: Wie sich ein Fernsehformat in den Schlagzeilen hält

Hat schon irgend jemand den „Superstar“ gefunden? Wenn ja, dann sollte er das besser geheim halten, oder sich mindestens vor den Leuten von „Bild“, „BamS“ und „RTL“ verstecken. Es geht um die RTL-Show „Deutschland sucht den Superstar“, besser gesagt, darum, was die Leute von „Bild“, „BamS“ und RTL daraus gemacht haben und machen: eine sich selbst perpetuierende Medien- und Schlagzeilenmaschine mit viel Luft- und Topfschlagen drumherum.

Eine erstaunliche Veranstaltung, das Ganze. Seit Wochen sucht RTL die/den talentierste/n SängerIn Deutschlands, meist wöchentlich, sonnabends um 21 Uhr 15, auch heute wieder. Die Einschaltquoten sind zuletzt auf zehn Millionen Zuschauer geklettert, und bestimmt noch einmal so viele Leute lesen in vor allem in den Springer-Blättern „Bild“ und „Bild am Sonntag“, was sie bei der Ausstrahlung nicht wissen konnten. Und dass ein Dieter Bohlen in der Jury sitzt und zwischendurch die Hymne zur Show produziert, bringt zusätzlich das Merchandising-Geschäft ins Laufen. Das offizielle Magazin zur RTL-Show meldet gerade 200 000 verkaufte Exemplare der ersten Nummer.

Der Hype um „DSDS“ ist mittlerweile gewaltig und hat längst die übrige Presse erreicht. Welche Fragen interessieren? Wer liebt wen wie wo, oder wer liebt wen wo nicht, was für Bettwäsche und Frisuren mögen die Kandidaten? Geht es beim Zuschauer-Telefon-Voting am Ende der Show immer mit rechten Dingen zu? (siehe Kasten).

Auch andere Sender als RTL nutzen die Prominenz der RTL-Show. Als neun „Superstar“-Kandidaten am vergangenen Sonnabend bei „Wetten, dass…?“ und Thomas Gottschalk auftraten, gab es schöne Fotos, einen Quotenrekord im Zweiten, aufregende Geschichten und wilde Spekulationen darüber, ob ein abwesender Sänger namens Daniel Lopes den Sender RTL nach seiner überraschenden Rauswahl bei „Deutschland sucht den Superstar“ zwei Wochen zuvor auf Schadensersatz verklagen will.

Lopes’ Manager, ein gewisser Graf Bernadotte, verriet in einer großen Boulevardzeitung, dass sein Klient mit der Show nichts mehr zu tun haben wolle, und überhaupt, es ginge bei der Telefonabstimmung nicht mit rechten Dingen zu. Da würde doch geschummelt. Zu Graf Bernadotte muss man wissen, dass er sich vor kurzem in der „Bunten“ mit seinem Ex-Schützling Thomas Anders über angebliche sexuelle Vorlieben und anzügliche Handy-SMS stritt. Und Nadja „Naddel“ Abdel Farrag soll er mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben, als es darum ging, ihren Busen im Fernsehen zu wiegen. Mit der Presse darüber reden will er nicht, aber zu Bernadottes vordringlichsten Aufgaben zählt es offenbar, seine „Geldquellen“ in den Medien zu halten.

Das ist ihm mit Daniel Lopes recht gut gelungen, zumindest einige Tage. Bis sich der Junge am Donnerstag aus Miami meldete und für seine Schummel-Vorwürfe gegen den Sender RTL entschuldigte. Das waren in zwei Tagen zwei große Schlagzeilen.

Alles halb so schlimm. In der Zwischenzeit rutschte der bis dato ziemlich unbekannte „Superstar“-Moderator Carsten Spengemann noch tiefer in die Medienmaschine, das heißt: bei „Bild“ von Seite 1 („Sex-Nacht vor Gericht“) auf Seite 4 ( „Jetzt packt seine Ex-Frau aus“) und demnächst wohl wieder auf die Eins zurück, wenn Co-Moderatorin Michelle Hunziker auch noch irgend etwas auspacken sollte. Als Ex-Frau von Italo-Sänger Eros Ramazzotti müsste es doch Pikantes zu erzählen geben für den perfekten Markt der künstlichen Neuigkeiten. Schummel-Vorwürfe, schlechte Verlierer, Sex-Skandale, angedrohte Klagen, eine ganz gewöhnliche „Deutschland-sucht-den-Superstar“–Woche. RTL tut vorläufig aufgeregt (Sprecher Christoph Körfer: „Wir prüfen rechtliche Schritte gegen Lopes wegen Rufschädigung“), sieht dem Ganzen aber interessiert zu. Man freut sich über 43 Prozent Marktanteile in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Tendenz: steigend.

Heute sind es nur noch fünf Bewerber für den „Superstar“. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Show auch nach der Abwahl von Kandidaten Woche für Woche spannend bleibt“, sagt Christian Körner von der Produktionsfirma Grundy Light Entertainment. Im Finale Ende März stehen nur noch zwei Kandidaten im Talentwettbewerb, aber da hat RTL vorgesorgt. „Dann singen die Kandidaten mehrere Titel.“

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