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Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat im Streit mit der "Bild"-Zeitung verloren.

© dpa

Deutschland muss Springer 41 000 Euro zahlen: Bundesrepublik verliert gegen "Bild" im Streit um Schröder-Bericht

Deutschland muss der Springer AG 41.000 Euro zahlen. Das haben die Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entschieden. Anlass des Rechtsstreits ist ein Bericht über Gerhard Schröder und sein Engagement bei einem Gas-Konzern.

Der Ruf des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder ist nicht wichtiger als das „Recht der Presse auf freie Meinungsäußerung“. Das haben die Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg am Donnerstag entschieden und der „Bild“-Zeitung damit recht gegeben im Streit um eine Passage über Schröders Engagement bei einem Gas-Konzern. Deutschland muss der Springer AG nun 41.000 Euro zahlen.

Anlass des Streits war ein Bericht vom Dezember 2005, in dem es um Schröders Berufung zum Aufsichtsratsvorsitzenden des Konsortiums Nordeuropäische Gaspipeline für den Bau einer Erdgas-Pipeline von Russland nach Westeuropa ging. Schröder hatte zuvor die Neuwahlen verloren, die durch eine im Bundestag verlorene Vertrauensfrage vorzeitig herbeigeführt worden waren.

"Persönliche Motive" bei der Herbeiführung von Neuwahlen?

In dem umstrittenen Artikel wurde der damalige FDP-Fraktionsvize Carl-Ludwig Thiele mit der Frage zitiert, ob Schröder „persönliche Motive“ gehabt habe, als er in „politisch aussichtsloser Lage Neuwahlen“ herbeiführte. „Wollte er sein Amt loswerden, weil ihm lukrative Jobs zugesagt waren?", fragte Thiel in dem Text.

Schröder zog vor Gericht und erreichte, dass der „Bild“ jede weitere Veröffentlichung der Thiele-Äußerungen untersagt wurde. Auch Springer klagte und zog bis vor den EGMR.

Die Wiederveröffentlichung der Passage zu verbieten, verstoße gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung, urteilten die Straßburger Richter jetzt. Die „Bild“ habe nicht über „Details“ aus Schröders Privatleben berichtet, sondern „über das Verhalten von Herrn Schröder in der Ausübung seines Amtes als Bundeskanzler“ und über seinen umstrittenen Wechsel zu dem Gaskonsortium kurz nach Ende seiner Amtszeit.

Ein Ex-Kanzler müsse eine "viel höhere Toleranz" zeigen

Es habe sich daher um Fragen von allgemeinem Interesse gehandelt. Als Ex-Kanzler müsse Schröder bei der Medienberichterstattung eine „viel höhere Toleranz“ zeigen als andere Privatpersonen. Die "Bild" habe mit ihrer Berichterstattung nicht die Grenzen der journalistischen Freiheit überschritten.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig; Rechtsmittel können binnen drei Monaten eingelegt werden. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums teilte dem Tagesspiegel auf Anfrage mit, dass die Bundesrepublik keine Rechtsmittel einlegen wolle. Sonja Álvarez/AFP

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