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Medien: Deutschland wird Weltmeister

Der Triumph von München – eine Dokumentation. Es ist schon verblüffend, auf welch grandiose Weise ein Film misslingen kann.

Der Triumph von München – eine Dokumentation. Es ist schon verblüffend, auf welch grandiose Weise ein Film misslingen kann. Dieser handelt von der Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland. Er ist eine lehrbuchhafte Dokumentation des Scheiterns. Er hat keine Idee. Er hat keine Dramaturgie. Er hat weder eine These noch zeigt er Neues. Trotzdem sieht man ihn gern.

Das liegt an den Bildern: Die Eröffnungsfeier, 16 riesige Bälle öffnen sich, aus einem steigt Frank Schöbel für die DDR und singt „Freunde gibt es überall“; ein Blick in die Fünf-Bett-Zimmer der deutschen Mannschaft; die Jugoslawen in ludenhafter Einheitstracht... Ansonsten gibt’s reichlich attraktiven Fußball (oder lustigen auf regengeflutetem Rasen) von Polen, Brasilianern, Holländern und den Siegern Maier, Müller & Co, die erst im Finale am 7. Juli gut spielten. Dazwischen Interviews mit den ewiggleichen TV-Nudeln Netzer, Breitner, Beckenbauer... Und alles fein chronologisch, da fühlt sich der Filmemacher auf der sicheren Seite.

Aber bitte, gesendet wird im öffentlich- rechtlichen Bildungsfernsehen, also verstreut sich allerlei Zeitgeschichtliches wahllos über die 90 Minuten, der erste Hit von Abba, Willy Brandts Rücktritt, Studentenunruhen, Wasserwerfer, RAF, will sagen: Puuh, es war ganz schön tumultös. Ja, das war es, sogar direkt bei der Weltmeisterschaft. Bei den Spielen des chilenischen Teams gab es Polizeieinsätze, weil Zuschauer Transparente hochhielten („Chile si – Junta no“), im Berliner Olympiastadion rannten Demonstranten aufs Spielfeld usw. Nichts davon ist in der Dokumentation zu sehen.

Auch nicht, wie Mayer-Vorfelder mit maliziösem Lächeln den Einsatz von weiblichen Masseuren ankündigte. Schade drum. Dafür gibt’s viele komische Frisuren und Tore.

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