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Google Street View: "Dem Datenschutz sind die Hände gebunden"

Viele unkenntlich gemachte Häuser tauchen bei Google Street View wieder auf. Datenschützer äußern sich besorgt. Google ist indes überrascht von der "extremen Resonanz" auf den Geodienst.

Am Donnerstag ist der Internetdienst Google Street View gestartet, am Freitag tauchen viele ursprünglich verpixelte Häuser als Fotos bei Google Street View schon wieder auf. Die Möglichkeit die Unkenntlichmachung auf diese Weise zu umgehen, sei zu beklagen, sagte der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar im Gespräch mit Tagesspiegel.de. Insbesondere wenn sich Fotografen zusammenschließen würden, um alle verpixelten Häuser als Fotos nachzutragen und damit die Entscheidung der Bewohner konterkarieren.

"In diesem Moment sind dem Datenschutz die Hände gebunden", sagte Caspar. Man brauche gesetzliche Regulierungen, um künftig den informationellen Selbstbestimmungsrecht zur Durchsetzung zu verhelfen. "Ich habe nichts gegen Bilder auf Picasa oder Flickr, aber an dieser Stelle sollten die Bilder nicht nachgeliefert werden dürfen", so Caspar. "Bisher hat auf unsere Forderungen aber niemand reagiert." Man habe sowohl zuständige Politiker als auch das Unternehmen auf diese Probleme hingewiesen - bislang erfolglos.

Auch Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix forderte, Google müsse sicherstellen, dass verpixelte Häuser nicht als Foto gezeigt werden können. "Wenn jemand diesen Willen äußert, dann muss das akzeptiert werden", sagte Dix. Letztendlich könne man zwar zivilrechtlich gegen die Person vorgehen, die das Foto hochgestellt hat. Wie die Gerichte dann entscheiden würden, sei allerdings noch unklar. "Es geht hier nicht um Privatsphäre", stellt Dix klar. Es gehe hier um Datenschutz. Bei der Privatsphäre um den Bereich einer Person geht, der nicht öffentlich ist und nur die eigene Person angeht. Auch wenn Straßen und Häuser öffentlich einsehbar sind, dürfen personenbezogene Daten nicht ohne Genehmigung der jeweiligen Personen beschafft oder gespeichert.

Insgesamt zeigt sich Dix jedoch mit dem Geodatendienst zufrieden: "Was ich bisher von Google Street View gesehen habe, finde ich positiv." Sein Verpixelungsantrag habe problemlos funktioniert. Noch habe auch niemand ein Foto seines Hauses bei Panoramio hochgeladen.

"Jeden Tag werden zigtausende Fotos hochgeladen, egal ob bei Panoramio oder Flickr", sagte Kay Oberbeck, Unternehmenssprecher von Google. Wenn diese mit Geodaten versehen seien, würden sie auf der Fotoebene von Google Maps und damit auch Google Streetview angezeigt werden. Da auf den verschiedenen Fotoplattformen Alias-Namen erlaubt seien, könne man nicht unterscheiden, wer die Fotos hochgestellt habe - ein Internetaktivist, ein Spaziergänger oder der Hausbesitzer selbst. "Wenn wir diese Bilder herausnehmen würden, wäre das Zensur", sagte Oberbeck. Das könne und wolle Google nicht. "Wie mit den Datenschützern abgesprochen, sind die Häuser bei Street View verpixelt", erklärte Oberbeck. Doch von Nutzern eingestellte Inhalte zu löschen, sei keine Option.

"Deutschland ist Google Street View-Weltmeister", sagte Oberbeck. Am Donnerstag nach Freischalten des Geodienstes für Deutschland, hätten sich weltweiten Zahlen verdoppelt. "Das war bisher noch bei keinem anderen Land der Fall, in dem wir den Dienst gestartet haben." Dass die Diskussion um das Verpixeln von Gebäuden dazu beigetragen haben könnte, wollte Oberbeck nicht ausschließen. "Die Resonanz ist extrem", sagte er. Nicht nur würden viele Nutzer Probleme melden, sehr viele würden auch fragen, ob man ihre unkenntlich gemachten Häuser wieder entpixeln könnte. „Wir können das nicht rückgängig machen“, stellte Oberbeck klar. In Absprache mit den Datenschützern seien die Basisdateien verpixelt worden.

Wer bei Google Street View persönlich zu erkennen sei, müsse selbst einschreiten. Trotz automatischer Verpixelung sind nicht alle Autokennzeichen und Gesichter hundertprozentig unkenntlich. "Die automatische Verpixelungsoftware hat eine Abweichung von ein bis zwei Prozent", erklärt Caspar. Da könne man sich schon vorstellen, dass eine von hundert Personen eben nicht voll verpixelt sei. "Da hilft nur Widerspruch einlegen", sagte Caspar. Auch unbeteiligte Dritte können und sollten das tun. Auch wer sich vollständig unkenntlich lassen möchte, weil er trotz verpixelten Gesichts noch für Freunde und Bekannte zu erkennen ist. "Etwas anderes kann ich nicht raten", so Caspar. Am Freitagnachmittag waren dreißig Widersprüche bei den Datenschützern in Hamburg eingegangen. "Wenn man bedenkt, dass dafür eigentlich das Tool von Google genutzt werden soll, ist das schon eine Zahl", sagte Caspar. "Wir rechnen mit weiteren Widersprüchen."

Es habe die Datenschützer irritiert, dass die Daten der Widersprechenden bei Google gespeichert werden. Dafür müsse es eine zentrale und neutrale Stelle geben, forderte Caspar.

Offensichtlich sei aber Bundesinnenminister Thomas de Maizière der Meinung, die Vorgaben für Google Street View würden ohnehin über die datenschutzrechtlichen Erforderliche hinausgehen, kritisierte Caspar. "Es könnte also in Zukunft heißen: Widerspruch, muss das sein?" Es sei keine gesetzliche Regelung geplant, das Problem solle sich künftig über die Selbstverpflichtung der Unternehmen regeln. Dazu meint Caspar: "Ich bin sehr gespannt, was für eine Selbstverpflichtung die Unternehmen vorlegen werden." Bis zum 7. Dezember müsse dies geschehen.

Janina Guthke

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