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Was kostet Datenverkehr?

© dpa

Internet: Netzbetreiber wollen Geld von Google

Google und der Netzbetreiber Verizon verhandeln nach Medienberichten über neue Regeln beim Datentransport im Internet - mit möglicherweise weitreichenden Konsequenzen für alle Internet-Nutzer.

Die einen stellen die Technik bereit, die anderen liefern Inhalte. Netzbetreiber und Content-Anbieter haben jahrelang einvernehmlich für dieses fantastische Medium gesorgt, das wir kurz „das Internet“ nennen. Jetzt knirscht es im Verhältnis zwischen beiden Seiten. Telekommunikationsunternehmen wollen nicht länger nur die Postboten sein, die ganz selbstverständlich die Unmengen von Datenpaketen schultern und zu den Internet-Nutzern transportieren.

In den USA beschäftigt diese Diskussion schon seit Monaten Politik und auch die Justiz. Die Regulierungsbehörde FCC (Federal Communications Commission) in Washington tritt dafür ein, die Netzbetreiber weiterhin auf das Prinzip der Netzneutralität zu verpflichten: Es besagt, dass Telekommunikationsunternehmen alle Daten ohne Unterschied transportieren - egal was in den Paketen drin ist. Der Internet-Forscher Lawrence Lessig hat dies 1999 einmal so beschrieben: „Wie ein tagträumender Briefträger bewegt das Netzwerk einfach die Daten.“

Inzwischen aber hat der Briefträger so viel zu tun, dass er nicht mehr träumen kann. Es sind vor allem bewegte Bilder wie Videos, die den Datenverkehr aufblähen. „Dienste wie Youtube und HD-Videos verstopfen die Netze“, sagte kürzlich ein Sprecher der Deutschen Telekom.

Unter dem Druck solcher Vorhaltungen verhandelt die Youtube-Mutter Google mit Verizon, einem der größten Telekommunikationsunternehmen in den USA - so berichten übereinstimmend mehrere Medien in den USA. Nach Informationen des Finanznachrichtendienstes Bloomberg sollen beide bereits eine Vereinbarung geschlossen haben; beim „Wall Street Journal“ und der „New York Times“ heißt es, dass mit einem Abschluss in nächster Zeit zu rechnen sei. Google selbst erklärt zu allen diesen Berichten nur: „Kein Kommentar“.

Doch der Druck steigt. Damit es nicht zum Datenstau kommt, müssen die Netzbetreiber kräftig in die Infrastruktur investieren. Das wollen sie sich bezahlen lassen - entweder von Inhalte-Anbietern wie Google oder auch von den Internet-Nutzern.

Bei dieser zweiten Möglichkeit erwägen die Telekommunikationsfirmen ein differenziertes Preismodell. „Die Telekom sieht ein zukünftiges Geschäftsfeld darin, neue Dienste zu ermöglichen, die garantierte Übertragungsqualitäten benötigen“, erklärt Unternehmenssprecher Philipp Blank. Damit dürfte er auch für viele Wettbewerber sprechen.

Das Kalkül: Wer seinen Anschluss nutzt, um E-Mails zu schreiben oder Nachrichten zu lesen, kann damit leben, wenn es zu kleinen Rucklern kommt, weil andere Daten Vorfahrt haben. Wer dagegen auf eine lückenlose Übertragung angewiesen ist, weil er übers Internet telefoniert oder „Counter Strike“ spielt, zahlt gern auch mehr. Auch Unternehmen könnten sich mit einem Aufschlag eine bevorzugte Behandlung erkaufen.

Der mögliche Deal zwischen Google und Verizon zeigt aber, dass die Netzbetreiber noch eine andere Geldquelle im Blick haben: die Anbieter von Internetdiensten, die Millionen von Nutzern anlocken und so für viel Verkehr auf der Datenautobahn sorgen. Der Suchmaschinen-Riese, der mit Youtube auch das größte Videoportal der Welt betreibt, ist besonders im Visier.

Bislang weigerten sich Google, Amazon und Co. kategorisch, für ihr wachsendes Datenaufkommen zu zahlen. Nun will Google offenbar statt des tagträumenden Briefträgers doch einen Express-Service - gegen Gebühr.

In Europa treten die meisten Regierungen und Parlamente gleichwohl weiter für die Beibehaltung der Netzneutralität ein. Die Europäische Kommission hat im Rahmen ihrer Telekommunikationsrichtlinie Regeln zur Netzneutralität vorgegeben, welche die EU-Mitgliedsstaaten in nationale Gesetze gießen müssen.

Ein Deal zwischen Google und Verizon würde auch diese Debatte in Europa beeinflussen, meint Markus Beckedahl von netzpolitik.org. „Google ist in der Koalition für Netzneutralität bislang einer der führenden Vertreter.“ Ein Ausstieg würde der Sache schaden, meint der Blogger - auch hierzulande: „Die Debatte in den USA dient immer als weltweites Vorbild.“ (dpa)

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