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Medien & KI: Keksdosen auf Rädern

Nr. 2 entdeckt die Lücke sofort.

Nr. 2 entdeckt die Lücke sofort. Er rast los, umkurvt elegant ein paar Gegner, setzt zum Schuss an. Träge nur holpert der Ball Richtung Tor. Am Spielfeldrand macht sich Unruhe breit, offensichtlich hat der neue Stürmer im Team ein Problem. Nr. 2 sieht aus wie eine Keksdose auf Rädern. Er ist ein Roboter. Ein Fußball-Roboter, der auf einem Spielfeld – etwa doppelt so groß wie eine Tischtennisplatte – einen Golfball tritt. Zusammen mit vier weiteren Blechkameraden kickt er in der „Small-Size-League“ für die Berliner „FU-Fighters".

Die Zeit drängt. Spätestens bis Freitag muss der zweimalige Vizeweltmeister perfekt aufgestellt sein. Dann beginnen in Paderborn die „German Open“, der letzte große Test für die Weltmeisterschaft in Japan. Doch schon in Paderborn ist die Konkurrenz stark. In vier Ligen unterteilt, messen sich über 40 Roboter-Teams in punkto Strategie, Schnelligkeit und „sozialem Verhalten“.

Die Studenten der Projektgruppe RoboCup an der Freien Universität arbeiten unter Hochdruck an den elektronischen Wunderwerken. Erst vor kurzem wurde entschieden, bei den „German Open“ mit zwei komplett neuen Mannschaften anzutreten. Noch plagen die Neuen allerlei Kinderkrankheiten. Nr. 2 ist ohne Schussapparat unterwegs, gerade humpelt mit Getöse ein Kollege vorbei, der zwei Schrauben verloren hat. Und ein anderer leidet plötzlich an einem stotternden Motor. Teamchef Raul Rojas hat ihn zum Ausdauertraining abkommandiert.

Raul Rojas ist Professor am FU-Fachbereich Informatik und forscht seit über zehn Jahren zum Thema Künstliche Intelligenz (KI). Sein erklärtes Ziel: Intelligenz besser verstehen zu lernen und sie sich künftig in Maschinen zunutze zu machen. Die kickenden Kistchen sollen dabei helfen.

Fußball also. Nicht gerade eine Beschäftigung, bei der man zuerst an Intelligenz denkt. Warum nicht Schach? Immerhin lange Zeit ein Klassiker in der KI-Forschung. Ganz einfach, sagt Rojas: „Die Roboter haben einen Körper. Intelligenz hat sehr viel mit Raum zu tun.“ Die Fußballmaschinen müssen mehr als nur ein strategisches Spiel gewinnen. Sie müssen ihren kleinen Körper heil durch eine Welt bewegen, die sich ständig verändert.

Wenn alles funktioniert, liefern die Kicker ein beeindruckendes Schauspiel. Zwei Flügelspieler beliefern den Stürmer mit exakten Flanken, es scheint wirklich so, als seien die Elektrohirne intelligent. Rojas winkt ab: „Wir sehen einen gelungenen Pass und denken an intelligentes Verhalten. Doch die Spieler geben ihre Flanken blind ab.“ Ihr Verhalten wird allein von plötzlichen sensorischen Reflexen gesteuert. In ihrem Hirn laufen beispielsweise die Programme „Ziellos umherstreifen“, „Hindernis ausweichen“, „Ball aufnehmen“ gleichzeitig ab. Die Hierarchie der einzelnen Programme entscheidet, was die Spieler tatsächlich tun. Das überrascht selbst die Programmierer. In Paderborn wird sich zeigen, ob die Überraschung positiv ist.

Mehr zum Thema unter:

www.fu-fighters.de

Markus Horeld

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