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Die Social Media Week Berlin läuft noch bis 23. September.

© promo

Social Media Week Berlin: Online-Wahlkampf ohne große Wirkung?

Wie wichtig waren soziale Plattformen für den Berliner Wahlkampf? Bei der Social Media Week gingen die Meinungen darüber weit auseinander.

Mehr als je zuvor nutzten im gerade beendeten Berliner Wahlkampf die Parteien das Internet und Soziale Medien wie Facebook und Twitter. Von einem wirklichen digitalen Durchbruch aber ist die Politik noch weit entfernt. Das wurde am Dienstag bei der Social Media Week deutlich, in deren Rahmen an mehreren Berliner Veranstaltungsorten noch bis zum 23. September die vielen Facetten der neuen Medien diskutiert werden. 

„Wahl digital“ lautete der Titel einer Podiumsdiskussion mit prominenter Besetzung, die im „Base_camp“ Unter den Linden stattfand. Aber schon im Einführungsreferat machte Klas Roggenkamp, Geschäftsführer des Unternehmens Compuccino und Betreiber der Website www.wahl.de deutlich, dass  diese Wahl von digitalen, interaktiven Medien nur wenig beeinflusst wurde. „Social Media waren für das Wahlergebnis ziemlich irrelevant“, fasste er das Ergebnis einer eigenen Studie in den Wochen vor dem Wahltag 18. September zusammen. 

Zwar hatten die Parteien mehr als früher Facebook eingesetzt, wobei die Grünen laut Roggenkamp die größte Reichweite erzielten. Auch Twitter war bei Politikern populärer als zuvor, wobei hier die SPD die stärkste Reichweite hatte. Aber im Verhältnis zu privaten oder kommerziellen Nutzern sozialer Medien hinkten die Parteien und ihre Kandidaten noch deutlich hinter dem aktuellen Stand der Mediennutzung hinterher, sagte Roggenkamp: „Man hat sich stets bemüht, Grandioses oder Bahnbrechendes gab es aber nicht.“ Vergleicht man die Social-Media-Aktivitäten mit den sonstigen Aktivitäten der Parteien und ihren Wahlergebnissen, kommt Roggenkamp für diese Wahl zu dem Ergebnis: „Der viel zitierte Online-Wahlkampf hat keine große Wirkung erzielt.“ 

Das provozierte Widerspruch auf dem Podium. So von Björn Böhning, SPD-Vordenker und Leiter der Grundsatzabteilung in Klaus Wowereits Senatskanzlei. Internet und soziale Medien seien „integraler Bestandteil“ der Arbeit der SPD, gerade im Wahlkampf. Aber 60 bis 70 Prozent der Aktivitäten dienten bislang lediglich der parteiinternen Kommunikation und seien deswegen öffentlich nicht sichtbar. Dennoch lege die SPD einen Schwerpunkt auf interaktive Medien. So hätten alleine vier bis fünf Mitarbeiter regelmäßig alle Fragen an die Kandidaten beantwortet. Und über Twitter und Facebook habe die Partei erfolgreich Botschaften wie die von prominenten Unterstützern wie Marius Müller-Westernhagen verbreitet, oft auch, ohne dass die Partei als Urheber erkennbar war. 

Außerdem sei es für die SPD wichtig gewesen, „über das Internet eine Gegenöffentlichkeit aufzubauen“, sagt Böhning. Gerade im vergangenen Winter hätten die „etablierten Medien“ Wowereit schon „für erledigt erklärt“ und die Herausfordererin Renate Künast von den Grünen aus SPD-Sicht zu positiv dargestellt. „Dann haben wir erfolgreich im Internet eine Gegenöffentlichkeit gegenüber Schwarz-Grün aufgebaut“, sagt Böhning und sieht das als einen Grund, wieso Wowereit bei der Wahl besser abschneiden konnte als einige Monate zuvor in den Umfragen. Auch wenn soziale Medien nach wie vor nur einen kleinern Stellenwert bei der Parteikommunikation einnehmen, sei doch festzustellen: „Es vollzieht sich ein kultureller Wandel.“ 

Martin Delius, Softwareentwickler, Mitglied der Piraten-Partei und seit Sonntag frisch gewähltes Mitglied des Abgeordnetenhauses, erklärte den Erfolg seiner Partei auch damit, dass man eine sehr differenzierte Vernetzung und Kommunikation über soziale Plattformen betrieben habe. Es habe keine große, zentrale Kampagne der Piraten gegeben. Stattdessen hätten einzelne Kandidaten und Unterstützer über Facebook, Blogs und Twitter direkt mit potenziellen Wählern kommuniziert und dadurch Unterstützung generiert. Außerdem habe ein Team von drei Piraten-Mitarbeitern auf interaktiven Plattformen rund 1500 Fragen von Wählern beantwortet, unterstützt von freiwilligen Helfern, die man über Twitter fand. Diese Kommunikation sei „extrem dynamisch“ gewesen, sagte Delius. Auch, weil viele Piraten-Unterstützer einfach wesentlich besser vernetzt seien als die klassischen Parteien: Manche Piraten hätten auf Facebook oder Twitter so viele Kontakte „wie der ganze SPD-Landesverband“.

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