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Kult im Kino wie als Spiel: Der "Prince of Persia", im Film gespielt von Jake Gyllenhaal.

© Imago

Retro-Games: Die Rückkehr der Pixel-Ritter

Alte Spiele auf modernen Systemen: Klassiker wie „Prince of Persia“ oder „Tomb Raider“ erleben eine Renaissance. Selbst die Rechtefrage ist geklärt.

Der Drache sieht aus wie ein Gummibärchen mit Hörnern, die Hydra ist ein blauer Regenwurmknoten – und wenn ein Greif erschlagen wird, dann zerplatzt er in einer grobpixeligen Blutblase und macht dazu ein „Glub“-Geräusch, als werde er in den Windows-95-Papierkorb geschmissen. Es gibt Spiele, die sind grafisch und akustisch weitaus opulenter als das 1994 veröffentlichte „Heroes of Might and Magic“ – und doch führt das rundenbasierende Strategiespiel gerade die Download-Charts auf GOG.com an.

GOG ist ein Onlinehändler für Computerspiele. Die Plattform hat sich vor allem auf Retrogames spezialisiert – die Abkürzung der Seite steht für „good old games“, also „gute alte Spiele“. Vor allem Adventure, Strategie- und Rollenspiel-Klassiker, die das Licht der Computerwelt vor dem 21. Jahrhundert erblickt haben, hat GOG im Angebot.

Die Seite wird damit zum Herzstück eines Trends: Denn viele Spieler entdecken die Games ihrer Kindheit wieder und wollen noch einmal zocken, was vor Jahren frisch und revolutionär war. Der Computerspielemarkt hat das erkannt und konserviert seine eigene Geschichte. Die ersten Teile von „Prince of Persia“ (ab 1989) wurden für Tablets und Smartphones neu adaptiert, ebenso der 17 Jahre alte erste Teil von „Tomb Raider“ für das iPad. Und in Berlin konserviert das Computerspielemuseum Spieleklassiker ab den 1960er Jahren – und begeistert damit die Kinder von früher.

Guillaume Rambourg, Chefmanager bei GOG, glaubt jedoch nicht, dass die Liebe zu Retrospielen allein aus Kindheitserinnerungen geboren wird. „Ein gutes Spiel ist ein gutes Spiel“, sagt Rambourg, „egal, wann es auf den Markt kam“. So sei die Game-Branche wie Hollywood: Filmklassiker wie „Apokalypse Now“ würde dort auch niemand als alte Schinken bezeichnen – „sondern als die Meilensteine, die sie sind“.

Allerdings hat Hollywood ein Händchen dafür, seine Meilensteine digital aufzupolieren und auf neuen Datenträgern immer wieder zugänglich zu machen. Die Spieleindustrie hingegen tut sich reichlich schwer, frischzuhalten, was einst auf Diskette oder CD-Rom erschien. Viele Programmierungen gehen verloren, wenn neue Systeme auf den Markt kommen oder die Lizenzträger von Spielen wechseln. Die Plattform GOG ist daher weniger ein reiner Online-Händler als vielmehr ein Team von Spiele-Archäologen: Sie graben alte Spiele für neue Betriebssysteme aus.

Gut gehe das bei DOS-Anwendungen oder auch den in ScummVM geschriebenen Adventures von LucasArts (wie „Monkey Island“ oder „Simon the Sorcerer“), sagt Rambourg. Schwierig seien hingegen jene Spiele, die kurz nach dem Wechsel von Windows 3.11 zu Windows 95 programmiert wurden. Die laufen zum Teil auf 16 Bit oder mit alten DirectX-Komponenten – und verhalten sich entsprechend zickig auf einem 64-Bit-Rechner unter Windows 7 oder 8. Die Achterbahn-Simulation „Theme Park“ von 1994 sei so ein Fall gewesen: „Wir hatten monatelange Kämpfe gegen unsichtbare Mauscursor und willkürliche Abstürze“, sagt Rambourg.

Die Spiele kosten zwischen sechs und zehn Dollar

Gelingt die Übersetzung, wird ein Spiel zum Re-Release angeboten. Zwischen sechs und zehn Dollar kosten die Titel durchschnittlich. Die Lizenzen holt sich GOG von den ursprünglichen Herstellern, die oft dankbar sind, mit den Spielen aus dem virtuellen Keller nun wieder Geld zu verdienen.

Alle Spiele bietet GOG DRM-frei an, also spielbar ohne Kopierschutz. Allerdings nimmt es GOG auch mit dem Jugendschutz nicht so genau: Der Nutzer muss mindestens 13 Jahre sein, um sich zu registrieren – kann aber das Geburtsdatum fälschen. Titel wie „Far Cry“, eigentlich ab 18, sind dann problemlos erwerbbar.

Knapp 700 Titel für PC und Mac hat das Portal im Angebot – und sich damit seit seiner Gründung 2008 webweit zum zweitgrößten Downloadportal für Spiele entwickelt. Mehr Titel liefert nur die Plattform Steam der Software-Schmiede Valve. Anders als GOG bietet Steam jedoch eine breite Mischung aus aktuellen Blockbuster-Spielen und kostengünstigen Indie-Games – und will demnächst eine eigene Konsole entwickeln. Für das kleinere GOG bleiben die Retro-Fans.

Über zwei Millionen monatliche Besucher hat die Seite. Am beliebtesten seien Rollenspiele wie „Baldur’s Gate“ oder „Neverwinter Nights“, sagt Rambourg. Er glaubt, Retrogamer würden sich vor allem für dicht gewobene Handlungen interessieren – die bei aktuellen Blockbustern oft zu kurz geraten. Spiele mit Millionenbudgets müssen massentauglich sein, Spiele aus den Anfängen der Game-Kultur mussten hingegen vor allem den Vorlieben (und Macken) ihrer Programmierer genügen. Fans goutieren diese Programmier-Verliebtheit: Der Adventure-Klassiker „Monkey Island“ (1990) besticht vor allem durch die albernen Witze des Entwicklerteams. Bei GOG ist das Piratenabenteuer jedoch nicht zu haben – LucasArts hatte das Spiel selbst für iPad und PC neu aufgelegt.

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