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Spore

© dpa

''Spore'': Vom Einzeller zum Bestseller

Will Wrights "Sims" haben sich 100 Millionen Mal verkauft. Mit "Spore" greift er nun nach den Sternen.

Es ist das meisterwartete Computerspiel dieses Jahres. Als sich Deutschlands Spielegemeinde im August in Leipzig auf der Games Convention traf, war die Traube um den Stand von Publisher Electronic Arts besonders dicht. Dort konnte man bereits vor einigenWochen einen Blick auf „Spore“ werfen – jenen Titel, der in Leipzig zum „Best PC Game 2008“ gekürt wurde. Seit Donnerstag ist das mit vielen Vorschusslorbeeren überhäufte Spiel in Deutschland auf dem Markt. In den Vereinigten Staaten kommt die Simulation, mit der man das Leben von einem Mikroorganismus bis hin zum Raumfahrer selbst erschaffen kann, erst am Wochenende in die Regale. Aber auch dort heißt die Devise: vom Einzeller zum Bestseller.

Das Spiel von Entwicklerlegende Will Wright und seinem Studio Maxis hat alle Voraussetzungen, der Verkaufsschlager nicht nur dieses Jahres zu werden. Von Wrights Sozialsimulation „Die Sims“ wurden seit dem Start vor nunmehr acht Jahren bislang über 100 Millionen verkauft. Lange bevor andere Firmen wie Nintendo die Frauen als neue Zielgruppe entdeckten, lag der Anteil der weiblichen Spieler bei den „Sims“ beinahe vom Start weg bei weit über der Hälfte.

Wenn jetzt vielfach darüber gesprochen und geschrieben wird, dass „Spore“ eine ganz neue Spielegattung begründet, ist das allerdings leicht übertrieben. Die Verheißung „Du kannst Gott sein“ gab es im Computerspiel schon zuvor. Der Urvater dieses Genres heißt Peter Molyneux, der mit „Black & White“ im Jahr 2001 den Keim auch für „Spore“ legte. Doch es gibt einen gewaltigen Unterschied. Während man sich bei „Black & White“ entscheiden musste, ob man die Geschicke der Spielfiguren als guter oder böser Gott leiten wollte, liegt die Stärke von „Spore“ allein in der kreativen Schaffenskraft des Spielers. Peter Molyneux selbst hatte übrigens des Öfteren eingeräumt, dass „Black & White“ noch viel Raum für Verbesserungen lasse. Vor allem die Unflexibilität am „Spore“-Vorgänger wurde bemängelt: zu wenige Charaktere, zu starres Setting, zu programmierte Abläufe.

Von solchen Fesseln ist „Spore“ befreit: Hier kann die Gottrolle ohne Wenn und Aber ausgefüllt werden. Wie die Figuren aussehen, liegt allein in der Hand des Spielers, dem beim Erschaffen und Umsorgen alle Zeit der Welt gelassen wird. Tatsächlich ist die Phase, in der die Mikroorganismen in der Ursuppe schwimmen, recht bald überwunden. Viel interessanter ist es schließlich, sich vom Eingeborenenstamm bis zum Imperium der gesamten Galaxie zu entwickeln.

Dazu gibt Will Wright den Spielern die völlige Freiheit, das Aussehen und die Eigenschaften seiner Geschöpfe zu bestimmen. Während in Spielen wie „Die Sims“ die Erscheinung der menschlichen Abbilder durch den Schieberegler für Gesichtsformen und Hautfarben und viele andere Merkmale sowie durch die Größe des Kleiderfundus festgelegt wurde, gibt es bei „Spore“ keine natürliche Grenze. Eine gewisse Ähnlichkeit zum ausufernden Kreaturenkosmos alter „Star Wars“- Filme von George Lucas ist gleichwohl unübersehbar. Das mag daran liegen, dass keine physikalischen oder biologischen Schranken beachtet werden müssen. Reichen zwei Augen nicht aus? Wie wäre es mit ein paar Tentakeln? Soll ein breiterer Mund eine tiefere Stimme erzeugen? Jeder kreiert hier nach eigener Façon. Das fängt bei den Figuren an, geht weiter mit wilden Fahrzeugen bis hin zu komplexen Städten.

In der Natur sorgt das Prinzip Zufall für die Evolution, im Computer sind dafür Programme zuständig. Die „Künstliche Intelligenz“ entscheidet über die Qualität des Spiels. Um mit „Spore“ die nächst höhere Evolutionsstufe zu erreichen, hat Will Wright dem Spiel eine neue Programmhierarchie verpasst. Sogenannte Meta-Programme schaffen eigene Unterprogramme, die dann wiederum eine nahezu unbeschränkte Vielfalt an Geschöpfen entstehen lassen können.

Dafür braucht es allerdings beim Spieler ein gewisses Maß an Geschicklichkeit. Wer eine Spezies erschaffen will, benötigt sogenannte DNA-Punkte für die Nase, den Mund, die Gliedmaßen oder Charaktereigenschaften. Diese Punkte bekommt der Spieler in verschiedenen Spieletappen. In der ersten Phase schwimmt man mit seinem Mikroorganismus in der Ursuppe und muss Nahrung fressen. In der zweiten muss sich der Charakter auf dem Land durchsetzen und einen Lebenspartner suchen. Je erfolgreicher, desto mehr Punkte und damit Entwicklungsmöglichkeiten für die eigene Rasse.

Dann beginnt die Bevölkerungsphase des Planeten. Sex ist dabei übrigens nicht vorgesehen. Ist die Eroberung des Planeten weit genug fortgeschritten, muss per Raumfähre in andere Galaxien expandiert werden. Auch über das Internet. Wer will, stellt seinen Planeten online zur Verfügung. In einer Datenbank werden die Kreaturen erfasst und zum gegenseitigen Austausch zur Verfügung gestellt.

Damit bietet „Spore“ das, worauf die „Sims“-Spieler seit Jahren gewartet haben. Über das Netz wird das Spiel zum lebendigen Kosmos. Jedes digitale Lebewesen kann in den Hyperraum hochgeladen werden, um dann in den Welten der anderen Spieler weiterzuleben. Oder daraus entfernt zu werden, denn während man in seinem eigenen Universum der uneingeschränkte Herrscher ist, unterliegen die eigenen Kreaturen überall sonst dem digitalen Darwinismus.

„Spore“ ist der Gegenentwurf zum Casual Game. Wie die „Sims“ kennt es keine echte Grenze, weder zeitlich noch örtlich. Obwohl „Spore“ noch gar nicht zu kaufen war, tummeln sich auf Youtube schon zuhauf Videos von „Spore“-Wesen, eine Suchanfrage bringt über 20 000 Einträge. Die Erklärung ist simpel: Um das Publikum anzufüttern, hat Electronic Arts auf die Spielehomepage www.spore.de das kostenlose „Spore Labor“ zum Download gestellt. So kann wirklich jeder seine göttliche Befähigung testen.

„Spore“, Electronic Arts, rund 55 Euro. Altersfreigabe: ab 12 Jahren für PC/Mac. Für „Spore“ wird ein Computer mit Windows XP/Vista oder ein Mac-Computer benötigt. Daneben gibt es Versionen für Handy und Nintendo DS.

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