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Zu Papier gebracht: Ein Uhl für alle Fälle

Der innenpolitische Sprecher der CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, macht sich neuerdings für ein deutsches Internet stark. Doch hinter dem Skandal um Prism und Tempora stecken keine technischen Probleme, sondern fragwürdige geheime Absprachen.

Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der CSU, ist ein großer Freund des Über-das-Internet-Redens. Interessanterweise hat Uhl überhaupt keine Ahnung vom Internet – was er offen zugibt: Mitte Juli 2013 begriff er erstmals, dass deutsche E-Mails bisweilen auch über Drittstaaten geroutet werden – diese Erkenntnis erzählte er staunend der „FAZ“, mit den Worten: „für mich war das neu“. Und für Hans-Peter Uhl war diese Erkenntnis offenbar nicht nur neu, sondern auch prägend, denn über deutsche Daten in diesem unübersichtlich-internationalen Internet redet er seitdem besonders gerne. So sagte er der Wahlkampfplattform siebenxsieben.de: „Wir brauchen eine vertrauenswürdige ,IT-Made in Germany’ – für die technologische Souveränität unseres Staates.“ Und: „Wir kommen nicht umhin, für sensible Daten technischen Selbstschutz zu ergreifen.“

Das muss man sich auf der Tastatur zergehen lassen: Der US-amerikanische und der britische Geheimdienst pumpen private Daten aus dem Netz – auch von deutschen Bürgern –, in einem Umfang, der die gesamten Stasiakten wie einen Einkaufszettel wirken lässt, sie kungeln mit dem BND, und wahrscheinlich weiß niemand so genau, wer mit wem wessen Informationen hin- und herschaufelt. Der Verdacht der millionenfachen Grundrechtsverletzung an deutschen Bürgern – auch durch deutsche Geheimdienste – steht immer noch im Raum – und Hans-Peter Uhl nutzt diese ungeheuerlichen Vorgänge, um ein nationales Fass aufzumachen: Eine „vertrauenswürdige ,IT-Made in Germany’“ wünscht sich der Mann von der CSU, ganz so, als sei all die geheimdienstliche Grundgesetzmitdemfußtreterei ein technisches Problem gewesen, genauer: ein Problem, das – folgt man Uhl auf seiner Realitätswahrnehmungskurve – durch den Einsatz unsicherer, weil ausländischer Computertechnik entstanden sei. Darauf muss man erst mal kommen. Mir fällt dazu ein Aufkleber ein, der sich über deutschen Nationalismus lustig macht: „Deutsche, esst deutsche Bananen!“, steht darauf in Frakturschrift, die Forderung Uhls ist vergleichbar bizarr. Prism und Tempora sind keine technischen Probleme, sondern politische Skandale. Es war keine mangelhafte „technologische Souveränität“ Deutschlands, welche das Grundrecht der deutschen Bürger auf informationelle Selbstbestimmung zu einer „Idylle aus vergangenen Zeiten“ (Uhl) geschrumpft hat, sondern fragwürdige geheime Absprachen. Aber wahrscheinlich hat sich Uhl gar nicht genau überlegt, was er sagt, sondern plappert nur nach, was Internetprovider ihm zugeflüstert haben: „E-Mail made in Germany“ haben diese zur Marke erklärt und versuchen seit Wochen, aus der Verunsicherung der Bürger Umsatz zu schlagen. IT-Fachleute hatten dem Konzept bereits eine „trügerische Sicherheit“ bescheinigt, aber was soll’s: Als Inspiration für eine neue Über-das-Internet-Sprechblase ist das Projekt gut genug.

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