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Zu PAPIER gebracht: Standardgericht: Kabelsalat

Es ist nicht lange her, da wollte die Europäische Union die Elektronikhersteller auf einheitliche Kabel und Stecker verpflichten. Doch nun scheint die Zeit der Spezialstecker wiederzukommen.

Fast immer, wenn ich ein neues technisches Gerät kaufe, ärgere ich mich. Irgendein neuer Anschluss, irgendein neues Kabel, irgendetwas ist inkompatibel mit bereits Vorhandenem. Weil sich immer irgendein Hersteller für den oberschlauesten hält und sich für einen neuen Stecker oder ein neues Übertragungsprotokoll entscheidet.

Dabei kann es doch eigentlich gar nicht so schwer sein. Strom zum Beispiel, den benötigen alle Geräte in meinem digitalen Zoo. Manche bekommen ihn über ein Magnetnetzteil, andere nehmen einen Kleingerätestecker. Wieder andere wollen einen Kaltgerätestecker, einen Warmgerätestecker oder lassen sich ausschließlich über USB-A, USB-B, Mini-USB, Mini-USB-B, USB3.0 Micro B oder, oder, oder ... USB steht für Universal Serial Bus – frei übersetzbar als universelle serielle Schnittstelle. Sie sollte seit 1996 dem Wirrwarr der Kabel den Garaus machen, konkurrierte dabei mit dem von Apple bevorzugten FireWire-System.

Ich bin stolzer Besitzer vieler digitaler Gerätschaften – und überhaupt nicht stolz auf die gefühlten 300 Milliarden Kabel, die ich besitze, um verschiedensten Geräten ihr Lebensnotwendigstes zukommen zu lassen. Gefühlter König der Spezialkabel ist Apple. Bei diesem Hersteller muss offenbar alles nahezu einzigartig sein – und damit auch teuer, wenn es denn mal verloren oder kaputt geht.

Vor ein paar Jahren unternahm die Europäische Union den Versuch, die Hersteller aller Mobiltelefone dazu zu verpflichten, nur noch einen gemeinsamen Standard für die Telefonstrom- und Datenkabel zu nutzen. Einige hielten sich daran, für einige Zeit. Nun scheint die Zeit der Spezialstecker wiederzukommen.

Doch es ist keineswegs nur eine Kabelfrage: auch bei Dingen, die man nicht anfassen kann, ist das Chaos groß. Einfaches Beispiel: drahtloses Internet, W-Lan. 802.11 heißt der grundsätzliche Standard. Und dann gibt es eine Vielzahl Unterstandards. Darf es B sein? Oder G? Oder lieber N? E? S? Welches Gerät kann was – und wie weit sind sie miteinander kompatibel? Und vor allem: was soll das?

Vor ein paar Jahren ging in meiner Wohnung ein Wasserhahn kaputt. Passiert halt, dachte ich, kauf ich halt einen neuen. Der Verkäufer lachte mich an: von welchem Hersteller der Hahn denn gewesen sei. Ich guckte ihn ungläubig an: wieso sollte das relevant sein? Weil auch die Hersteller von Armaturen sich genau wie Handyhersteller verhalten: kein Anschluss für Fremdprodukte. Zwar gibt es eigentlich eine Norm. Aber an die hält sich keiner. Glauben Sie also niemals, dass Grohe und Hansgrohe miteinander kompatibel seien, und alte und neue Systeme sind es im Zweifel auch nicht. Schön, wenn so unterschiedliche Dinge sich am Ende dann doch so ähnlich sind.

Falk Steiner

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