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Model Fiona Erdmann, Schauspielerin Claudette Deckert und Georgina Fleur (l-r), Teilnehmerin der TV-Show"Bachelor" am Flughafens von Frankfurt am Main.

© dpa

Dschungelbuch (5): Das Dschungelcamp ist nur die Rahmenhandlung

Eine miserable Moderation, aufgespritzte Lippen und immer wieder die Dschungelprüfung, die hinterher zum Erbrechen führt. Letzteres ist ein treffendes Symbol für die Sendung selbst. Dabei geht es beim Dschungelcamp gar nicht um den Dschungel oder das Camp.

Werbung kann so schön sein! Ästhetisch, intelligent, aufklärend. Ein langer Block lief am Dienstag kurz vor elf vor den RTL-Zuschauern vorüber: Frolic, Nikon, Yourfone, der Deutsche Evangelische Kirchentag, Vodafone, Elite Partner, Perwoll Black. Ja, man wird sagen dürfen, dass diese Reihung schöner bunter Menschen und ebenso schöner bunter Dinge zu den Höhepunkten des Fernsehabends zählte, schnell geschnitten, musikalisch animierend begleitet, perfekt ausgeleuchtet – eine TV-Delikatesse, die die Öffentlich-Rechtlichen um diese Tageszeit nicht bieten können. Der Lohn: Vermutlich wieder haben mehr als sieben Millionen Menschen zugesehen, und das vor allem in der werberelevanten Zielgruppe der 14- 49jährigen.

Chapeau, RTL! Aber warum gab es da diese Rahmenhandlung? Dieses Dschungelcamp? Ich habe am Dienstag den Versuch unternommen, mich vom Standpunkt des absoluten Neulings einzuarbeiten in dieses seltsame Projekt, das ich bislang nur vom Lesen kannte und vom Standpunkt der Leser, die uns im Internet-Forum unentwegt fragen: Warum berichtet ihr darüber? Nun kann ich sagen: Ich weiß es auch nicht. Ich hatte brillante Zwischenmoderationen von Sonja Zietlow und Daniel Hartwich erwartet, formuliert von einem Autor, der vorher ganzseitige Interviews über diese seine Fähigkeit gegeben hat, und ich kann nun sagen: Diese Moderationen waren miserabel. Sie drehten sich um Jörg Kachelmann und das Unwort des Jahres und um Lance Armstrong, sie sollten uns zeigen wie live das Ganze ist – aber es erinnerte nur daran, dass Entführer ihre Geiseln gern mit der Zeitung vom Tag fotografieren, damit man weiß: sie leben noch. So witzig wie ein Teller Mehlwürmer.

Die Chronistenpflicht zwingt mich zu gewissen Mitteilungen. In der ersten Hälfte, die ich live mitverfolgt habe, ging es darum, dass ein gewisser Joey überrascht darüber war, das Olivia Jones, die Transe, im Grunde ein Mann mit allen dazu gehörenden Teilen ist. Joey erzählte dann, dass er mal im Darkroom gelandet ist, als er in einer seltsamen Bar die Toilette gesucht hat. Vorher lästerten alle über die noch sehr junge und offenbar stark verhasste Georgina, von der es hieß, „Silikon, Botox, Lippen aufgespritzt, das geht ja gar nicht!“  Dann musste sich eine dicke Frau im Bikini mit verbunden Augen ein wenig im Schlamm wälzen, wobei ihr ein ebenso dicker Mann Hilfestellung leistete. Das Zeigen von primären Geschlechtsmerkmalen, das offenbar in der vorangegangenen Folge den Höhepunkt darstellte, war diesmal auf ein Minimum beschränkt – ausgenommen die Buschschweinvagina.

Aber das habe ich dann erst am nächsten Morgen gesehen. Georgina musste dieses Ding essen, das ist Teil der so genannten Dschungelprüfung, auf die sich die Fans der Sendung angeblich immer besonders freuen. Würmer, Kakerlaken, Qualle, Lammhirn schön durchgekocht, Heuschrecken, alles muss nach irgendeinem System runtergewürgt werden, damit die ganze Truppe hinterher was Richtiges zu essen bekommt, das geschah in dieser Sendung ausführlich. Hinterher musste Georgina ganz fürchterlich kotzen, und man muss wohl sagen, dass diese Sendung damit ein hundertprozentig treffendes Symbol für sich selbst gefunden hat. Aber wie gesagt: Diese Rahmenhandlung hebt die Werbung dazwischen auf ein nie erwartetes und nicht mehr zu überbietendes hohes Niveau. Und hat damit ihren Zweck erfüllt.

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