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Medien: Duell der Bellheims

Rupert Murdoch hat wieder und wieder versucht, in das Reich von Leo Kirch einzudringen. Seriösen Zählungen zufolge nimmt der Medienunternehmer nun zum achten Mal Anlauf: Am Montag verdichteten sich Gerüchte, wonach der Australoamerikaner eine feindliche Übernahme der Kirch-Gruppe vorbereitet.

Rupert Murdoch hat wieder und wieder versucht, in das Reich von Leo Kirch einzudringen. Seriösen Zählungen zufolge nimmt der Medienunternehmer nun zum achten Mal Anlauf: Am Montag verdichteten sich Gerüchte, wonach der Australoamerikaner eine feindliche Übernahme der Kirch-Gruppe vorbereitet. "Das sind Spekulationen, die wir nicht kommentieren", wehrt ein Kirch-Sprecher zwar ab. In der Branche ist aber hinlänglich bekannt, dass die Kirch-Gruppe die neue Bedrohung sehr ernst nimmt. Es werde bereits an möglichen Abwehrstrategien gearbeitet, heißt es.

Unterdessen arbeitet Murdoch hartnäckig an seinem "Welt-Fernsehen". Der Medienunternehmer will eine globale TV-Plattform schaffen, die die Verbreitung von Medieninhalten in bisher ungeahnten Dimensionen ermöglicht. Dabei könnte Murdoch von seiner bereits bestehenden Verbindung zu Kirch profitieren: Kirch hält rund 2,5 Prozent an Murdochs News Corporation Ltd., Murdoch ist umgekehrt mit 22 Prozent an Kirchs hochdefizitärem Abo-Fernsehen Premiere World beteiligt.

Da Kirch noch nicht an der Börse notiert ist, kann Murdochs Angriff nur auf Umwegen zum Ziel führen: Über das Einfallstor Premiere oder über die Banken, bei denen Kirch mit schätzungsweise sieben Milliarden Mark verschuldet ist. Gelingt es Murdoch, Kirchs Gläubigerbanken auf seine Seite zu ziehen und Kreditlinien nicht zu verlängern, geriete der Münchener Konzern finanziell bald ins Wanken. Murdoch, so die Strategie, stünde als Geldgeber bereit, um sich preiswert in die deutsche Gruppe einzukaufen.

Mit dem britischen Bezahlfernsehen BSkyB hat Murdoch gezeigt, dass Abo-Fernsehen Profite abwerfen kann. Er hatte es aber auch einfacher: So viele frei zugängliche Fernsehkanäle wie hierzulande gibt es in England nich. Murdoch glaubt, wie Kirch auch, dass Zuschauer in Deutschland für exklusive Programme Extra-Gebühren zu zahlen bereit sind. Woran er nicht glaubt, ist das Geschäftsmodell Premiere. Bei einer Übernahme dürfte dieses Fernsehen geschlossen werden. Für diese Pläne hat Murdoch einen starken Verbündeten gefunden. Zusammen mit John Malone, dem Chef von Liberty Media und Käufer eines Großteils der deutschen Kabelnetze, will er ein Doppel spielen: Malone sorgt für die Infrastruktur des Transportes, Murdoch für die Infrastruktur des Programms.

Zwei Voraussetzungen müssen dafür aber gegeben sein: Das Bundeskartellamt genehmigt den Kabel-Kauf und Murdoch gewinnt tatsächlich die Kontrolle bei Kirch. Das Kartellamt, das das Verfahren zur Prüfung des Liberty-Einstiegs ins Kabel soeben bis zum 28. Februar verlängert hat, sieht in Murdochs Offensive noch keine neue Sachlage und verweist auf die diffusen Informationen aus den beteiligten Unternehmen. "Bislang handelt es sich nur um Gerüchte, uns liegt nichts vor", sagte am Montag ein Sprecher.

Der Australier Rupert Murdoch, der Deutsche Leo Kirch: Im Fernsehgeschäft besitzen die Prädikate wie "Medienzar" und "Tycoon" noch ihre Gültigkeit. Mächtige Männer, die ihre Medien-Unternehmen vertikal und horizontal aufgestellt haben. Beispiel Murdoch: In den 50er Jahren hinterließ ihm sein Vater einen kleinen australischen Regionalverlag. Erste Lokalzeitungen wurden schnell um einen Radiosender erweitert. Fernsehen rundete den vertikalen Zuschnitt der Murdoch-Medien ab. Horizontal heißt, dass Sender neben Sender gestellt wurde, Pay-TV neben Free-TV, Lokalblätter neben national verbreitete Zeitungen. Ein Medium stützt das andere, fördert das andere, wird vom anderen gefördert. Kritiker werfen dem Mann von Down Under und seiner Geschäftspolitik vor, er verwerte mediale Kulturgüter, Fernsehprogramme und Printprodukte, Wissen, Nachrichten und Unterhaltung wie eine Handelsware nach den Gesetzen des Marktes. Kulturelle Identitäten seien ihm nichts wert, weil sie keinen kommerziellen Mehrwert böten.

Wenn es eine Schwäche gibt, die Rupert Murdoch und Leo Kirch verbindet, dann ist es die patriachalische Art der Geschäftsführung. Kirch-Vize Dieter Hahn betont, dass Kirch ein "Inhaber geführtes Unternehmen" sei. Leo Kirchs einziger Sohn Thomas ist in die Tiefen des Imperiums verbannt, aus Rupert Murdochs Kinderschar durfte bisher nur Sohn Lachlan in die Führungsriege des Unternehmens aufrücken. Murdoch selbst kündigte nach überwundener Krebserkrankung im Herbst 2000 an, dass er die News Corporation weiter von der Spitze aus leiten werde.

Erst das Geld, dann die Ideologie. Mit Kirch, sagen auch seine hartnäckigsten Widersacher, könne man jederzeit über Geschäfte reden: Filmrechte, Sportrechte, Serien, das ganze Arsenal fiktionaler Fernsehware darf gekauft werden. Politik macht der Kohl-Intimus außerhalb seines Kerngeschäfts. Über seine Beteiligungen an der Springer-Presse, gerne auch über Georg Gafron, Chef der "B.Z.", des Radiosenders Hundert,6 und des Fernsehsenders TV.Berlin.

Das Freund-Feind-Denken eines Leo Kirch ist bei Rupert Murdoch in die geschmeidigere Variante eines Kosten-Nutzen-Denkens abgewandelt. So konservativ das Weltbild sein mag, so flexibel ist sein "Welthandel". Für die Gründung von Fox TV nahm er 1985 die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Verheiratet in dritter Ehe ist er mit der Chinesin Wendy Deng, vor der Hochzeit Vizepräsidentin bei "Star TV" in Hongkong. 1983 hatte Murdoch den asiatischen Pay-TV-Sender gekauft, der über die Hälfte der Weltbevölkerung erreicht. Um "Star TV" in der Zukunft auch den großen chinesischen Markt zu sichern, verkaufte Murdoch die profitable, bis dahin aber Peking-feindliche "South China Morning Post", um die chinesischen Machthaber von seinen unternehmerischen, ansonsten völlig unpolitischen Zielen zu überzeugen. In Großbritannien unterstützten seine Blätter wie die "Times" Premier Tony Blair in den Wahlkämpfen, um daraus medienpolitischen Nutzen zu schlagen.

Wehe dem aber, der sich Murdochs Feldzügen in den Weg stellt. Im April 1999 wollte der Unternehmer über BSkyB den börsennotierten englischen Fußballclub Manchester United übernehmen, in der Hoffnung Einfluss auf die Spielpläne nehmen zu können. Als die Blair-Regierung wettbewerbsrechtliche Bedenken ins Feld führte, trompete Murdochs Massenblatt "The Sun": "Schande". Ob Leo Kirch, 75, diese Flexibilität des 70-jährigen Murdoch besitzt?

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