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Medien: Eine souveräne Schmidt-Show

Beckmann. ARD.

Beckmann. ARD. Mehr als 22 Jahre ist es nun her, dass Helmut Schmidt aus dem Amt des Bundeskanzlers geschieden ist, und doch ist er gefragt wie und je. Gerade hat er wieder ein neues Buch, dieses mal eines über die Mächte der Zukunft, vorgelegt, und wie selbstverständlich thront der Titel ganz weit oben auf den Bestsellerlisten. Was durchaus erstaunlich ist, denn sehr viel mehr als Erfahrung, sehr viel Erfahrung allerdings, hat der Altkanzler seinen Mitbewerbern auf dem Buchmarkt nicht voraus. Auf exklusive Anschauung oder intime Kenntnis der jetzt handelnden Personen auf dem internationalen Parkett kann er es jedenfalls nicht bauen. Und, damit tritt man dem 85-jährigen Politiker bestimmt nicht zu nahe, an analytischer Brillanz gibt es wohl den ein oder anderen, der ihm kaum nachsteht.

Dem Geheimnis seines anhaltenden Erfolgs kommt man womöglich weniger durch die Lektüre seines Buchs nahe als durch solche Fernsehsendungen, wie sie die ARD am Montag ausgestrahlt hat. Gut eine Stunde war er bei Beckmann zu Gast, der es momentan überhaupt ziemlich politisch angehen lässt. Erst Gerhard Schröder, dann Norbert Blüm und Heiner Geissler, jetzt also Schmidt – und stets formatfüllend. Siehe da, beim Altkanzler haut die naive Herangehensart des Talkmasters sogar hin. Höflich, zuvorkommend befragt er seinen Gesprächspartner wie der Enkel den Großvater, von dem man selbst die oft gehörten Geschichten immer wieder gern hört, von dem man aber auch wissen will, was von der Gegenwart, in der man sich von alters her sehr viel besser auszukennen glaubt, zu halten ist.

Seitdem Schmidt sich abgewöhnt hat, seinem parlamentarischen Rufnamen „Schmidt-Schnauze“ Ehre zu tun, und da der Altkanzler die Zeit längst hinter sich hat, seine Weisheit im Stil universalwissenschaftlichen Dozententums unters Volk zu bringen, folgt diese freundliche Art, ihn zu befragen, nicht nur dem Gebot des Respekts, sondern hilft dem Befragten, sich auf die Sache einzulassen, in seiner eigentlichen Spur zu bleiben. Markant fallen die Urteile des Altkanzlers immer noch aus, doch mit den Jahren ist aus dem brillanten Abkanzler von einst tatsächlich ein in sich ruhender Altmeister geworden. Sich seines Wertes, seines Könnens immer noch bewusst, doch ohne es beweisen zu müssen.

Peter Siebenmorgen

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