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EPISCHES FERNSEHEN: Besser als Kino

Warum Fernsehserien wie "The Pacific" bei den US-Stars und dem Publikum so gefragt sind.

„Movie Stars’ Must-Have: A TV Role“, das Muss für jeden Kinostar sei eine TV-Rolle, titelte kürzlich die amerikanische TV-Zeitschrift „TV Guide“. Sie zählte genüsslich auf, welche weiteren Superstars des „Big Screen“, der Kinoleinwand, nun nach Glenn Close, James Woods, Tim Roth oder Forest Whitaker den Schritt zum „Small Screen“, dem TV-Bildschirm, vollzogen haben. Genannt wurden beispielsweise Schauspieler wie Dustin Hoffman, Kevin Kline, Dermot Mulroney (im Remake von „The Rockford Files“) und Sharon Stone.

Was einst als künstlerischer Offenbarungseid verstanden wurde, bedeutet heute das glatte Gegenteil. „Früher war die Arbeit fürs Fernsehen stigmatisiert“, sagte die vielfach oscarnominierte Glenn Close in „TV Guide“. „Als ich vor Jahren ein Angebot für ein TV-Movie annahm, prophezeiten viele mir das Ende meiner Karriere als Kinoschauspielerin“, erinnert sich Close, die zurzeit in der Anwaltsserie „Damages“ glänzt. Heute kann von solchem Dünkel keine Rede mehr sein. Serien wie „Breaking Bad“, „Six Feet Under“ und „The Wire“ liefern für den „Small Screen“ eine erzählerische Dichte, die auf dem „Big Screen“ schon seit einigen Jahren kaum noch zu finden ist.

Aber nicht nur die Schauspieler, auch die Produzenten haben umgedacht. Längst sind TV-Produktionen in den USA dem Kino beim Budget ebenbürtig. So kostete die zehnteilige Serie „The Pacific“, die ab Donnerstag bei Kabel eins läuft, 200 Millionen Dollar. Die Serie erzählt, basierend auf den authentischen Erzählungen der US-Marines Eugene Sledge (Joe Mazzello), Robert Leckie (James Badge Dale) und John Basilone (Jon Seda) die Geschichte des amerikanischen Krieges im Pazifik gegen die Japaner von 1941 bis 1945. „The Pacific“ ist das Gegenstück zur vielfach preisgekrönten Miniserie „Band of Brothers“ („Wir waren Brüder“), die vor neun Jahren das Weltkriegsschicksal einer US-Einheit in Europa zum Thema hatte. Die Hollywood-Größen Steven Spielberg und Tom Hanks waren jeweils die ausführenden Produzenten. „Nach ,Band of Brothers’ meldeten sich bei uns Veteranen, die am Krieg im Pazifik teilgenommen hatten“, sagte Hanks in „TV Guide“. „,Was ist mit uns? Wann wird unsere Geschichte erzählt?’ lauteten ihre Fragen. Es ist Zeit, dass wir auch diesen Männer gerecht werden.“

Wie schon „Band of Brothers“ ist auch „The Pacific“ mehr als ein bloßes, eindimensionales Heldenlied in zehn Strophen. Es ist ein Meisterwerk über einen Krieg und eine Zeit mit „ungeheurem Leiden und unmenschlicher Brutalität auf beiden Seiten“, meinte Hanks.

Auch die Autoren in der Filmmetropole Hollywood haben die Chance fürs Fernsehen erkannt, letztlich handelt es sich um ein simples Rechenexempel: Wo ein durchschnittlicher Kinofilm in der Regel 100 Minuten zur Verfügung hat, bringt es eine Staffel einer US-Serie bei 13 bis 22 Folgen auf mindestens das Fünffache. Dass man in 500 Minuten dicht gebaute Geschichten erzählen und komplexere Charaktere zeichnen kann als in 100 Minuten, ist nur ein Vorteil des Fernsehformats.

Nicht ohne Stolz verweist auch Jürgen Hörner, Geschäftsführer von Kabel eins darauf, „dass eine TV-Serie wie ,The Pacific‘ sehr wohl eine epische Breite in der Erzählweise anbieten kann“. Als Free-TV- Premiere und mit hohem Produktionsvolumen unterstreiche „The Pacific“ klar die Serienkompetenz des Senders. Hörner hat recht, „The Pacific“ ist ohne Frage das, was man ein Epos nennt.

In Zeiten, wo dieser Begriff selbst für Kino-Bombast wie „Herr der Ringe“ oder „Die Chroniken von Narnia“ inflationär benutzt wird, vermittelt das Hanks/Spielberg-Projekt „The Pacific“ eine Authentizität und Wahrhaftigkeit, die man Fernsehunterhaltung noch vor einigen Jahren kaum zugetraut hatte. Wer noch immer nicht begriffen hat, dass die wahren Filmträume längst im Fernsehen geträumt werden, dem droht im Kino ein böses Erwachen. Andreas Kötter

„The Pacific“, 22 Uhr 15, Kabel eins

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