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Medien: Erhitzte Elefanten

„Unfug“, „Blödsinn“, „dummes Zeug“: Das Medienforum NRW streitet über die neue Rundfunkordnung

Die Höhepunkte der aktuellen medienpolitischen Diskussion lassen sich kurz und knapp zusammenfassen: „Unfug“, „Blödsinn“, „dummes Zeug“. Drei Tage bevor die Ministerpräsidenten in Berlin über die 12. Novelle des Rundfunkstaatsvertrages beraten, begann gestern in Köln das 20. Medienforum NRW mit der traditionellen Elefantenrunde. Und so führten sich die Chefetagen deutscher Medienhäuser zeitweise auch auf. Nur ein einstudiertes Ritual? Wohl nicht, denn mitten in einem „fundamentalen Epochenwandel“ (ZDF-Intendant Markus Schächter) steht eine wichtige politische Entscheidung an.

Die Fronten im Streit über die Internetgrenzen der gebührenfinanzierten Sender scheinen verhärtet. Besonders hoch schlugen die Wogen, als RTL-Chefin Anke Schäferkordt das Angebot von ARD und ZDF nach einer finanziellen Deckelung ihrer eigenen Online-Investitionen kritisierte, weil dabei die Technikkosten außen vor bleiben. Das müsse Gebührenerhöhungen in dreistelligem Millionenumfang nach sich ziehen, sagte sie. WDR-Intendantin Monika Piel fuhr aus der Haut („Unfug“), und Markus Schächter wies darauf hin, dass der Jahresetat der ZDF-Mediathek zwei Millionen plus zwei Millionen für die Rechtekosten betrage. Von Streamingkosten in dreistelliger Millionenhöhe könne keine Rede sein.

Gereizt ist der Ton aber nicht nur untereinander: Vor der Elefantenrunde hat der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) ungewöhnlich scharf auf ein Interview der EU-Medienkommissarin Viviane Reding reagiert. „Ich erwarte, dass die Kommission damit aufhört, die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Frage zu stellen“, sagte Rüttgers. Er betonte, dass Rundfunk nicht nur ein Wirtschafts-, sondern auch ein Kulturgut sei. „Diesen Konflikt müssen und werden wir austragen“, erklärte Rüttgers. Reding hatte in der „FAZ“ den Entwurf des neuen Rundfunkstaatsvertrags kritisiert. Wer glaube, es bei der Regelung belassen zu können, dass ARD und ZDF lediglich keine Zeitungen und Zeitschriften in elektronischer Form anbieten dürfen, „der will sich offenbar nicht an die europäischen Spielregeln halten“.

Weniger auskunftsfreudig blieb in Köln die eigentlich zuständige EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, die anmerkte, Brüssel werde sorgfältig prüfen, ob die in Deutschland vorgesehenen Bestimmungen mit einem fairen Wettbewerb auf dem Medienmarkt vereinbar seien. ARD-Generalsekretärin Verena Wiedemann erwartet aus Brüssel bereits neues Ungemach, möglicherweise eine weitere Verschärfung der Anforderungen. Tatsächlich stellt sich die Frage, was das Theater um den deutschen Rundfunkstaatsvertrag soll, wenn wenig später die EU die Grundlage dafür ändert.

Auf Brüssel werden die Ministerpräsidenten kaum warten können, selbst wenn eine Einigung am Donnerstag nicht als sehr wahrscheinlich gilt. Rüttgers überraschte mit der Aussage, er sei nach vielen Gesprächen sicher, dass die öffentlich-rechtlichen Sender keine Privilegien wollten. Er verwies auf den angekündigten Verzicht auf lokale Portale sowie auf Werbung im Internet. Jürgen Doetz, Präsident des Verbands Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT), beruhigt das nicht. Auch die Online-Kooperation des WAZ-Konzerns mit dem WDR, die Rüttgers als „zukunftsweisend“ verteidigte, ärgert ihn. Der VPRT kündigte eine Beschwerde bei der Düsseldorfer Landesregierung an: „Liebe Staatskanzlei, es kommt Post“, sagte Doetz. Rüttgers konterte kühl: „Ich bekomme viel Post.“

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