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Medien: Erinnerungen werden wach Doku über Honeckers Flucht

Eigentlich hätte die ARD die Dokumentation „Honeckers Flucht“ am 7. Oktober ausstrahlen können.

Eigentlich hätte die ARD die Dokumentation „Honeckers Flucht“ am 7. Oktober ausstrahlen können. Oder am 3., dem Tag der Deutschen Einheit. Man entschied sich gegen jede Feiertagssymbolik und zeigt „Honeckers Flucht“ heute, um 21 Uhr 45, im Ersten. Die Odyssee des im Oktober 1989 gestürzten Staats- und Parteichefs dauerte drei Jahre. Im Zeitraffer von einer Dreiviertelstunde wird das Schicksal des einst so mächtigen Generalsekretärs des ZK der SED vielleicht interessanter und spannender, als es wirklich war.

Bei diesem Film kommt die Erinnerung: Wie er im Januar 1990 von den eigenen Staatsanwälten wegen Hochverrats verhaftet, verhört und bei all zu dünner Beweislast wieder nach Hause geschickt wird, aber wohin? Niemand gönnt ihm ein Dach über dem Kopf, außer Uwe Holmer, jener Pfarrer in Lobetal, dessen sechs Kindern von Honecker & Co. der Oberschulbesuch und damit die Zukunft verwehrt wurden. Der Pfarrer muss sich für seine Nächstenliebe vor aufgebrachten Bürgern verantworten. In Gransee wird der Staatsratsvorsitzende „von der Straße zum Popanz gemacht“, klagt Peter-Michael Diestel, der damalige Innenminister. Die alten Freunde der Sowjetarmee bieten ihrem Genossen Schutz in Beelitz, dann bemächtigt sich die Politik des Entmachteten, die Ratifizierung der Zwei-plus-Vier-Verträge ist wichtiger als dieser Mann. Man fliegt ihn am 13. März 1991 nach Moskau aus, aber nach dem Putsch opfert Jelzin Honecker, der in die chilenische Botschaft flüchtet. Der ungebetene Gast wird Ende Juli 1992 an die Bundesrepublik ausgeliefert. In Tegel klicken die Handschellen. Vor Honecker liegen 169 Tage U-Haft und ein Prozess, in dem ihn der Leberkrebs sichtbar schwächt – bis das Verfassungsgericht die Einstellung des Verfahrens beschließt, „aus humanitären Gründen“. Honecker fliegt nach Chile, wo er am 29. Mai 1994 stirbt. Seine Asche liegt in einer Urne in Margot Honeckers Wohnung.

Thomas Grimm hat für seinen Film die Aussagen der Protagonisten vom Sowjetgeneral Snetkov bis zu Lothar de Maizière, Klaus Kinkel, Chiles Ex-Präsident sowie Ex-Justizsenatorin Jutta Limbach geschickt mit dokumentarischem Material verwoben. Nur Helmut Kohl und Gorbatschow wollten nicht vor die Kamera. Warum wohl? Lothar Heinke

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