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Google CEO Sundar Pichai auf der Entwicklerkonferenz in Mountain View, Kalifornien, am Donnerstag.

© REUTERS

Erst Amazon, jetzt Google: Big Brother lernt hören

Nach Amazon hat nun auch Google ein hörendes Lautsprechersystem vorgestellt, das auf Befehle reagiert, Suchanfragen beantwortet und dafür ständig seine Mikrofon-Lauscher geöffnet hält.

Als Google damit begann, mit Kamerawagen durch die Städte zu fahren, um Straßen und Gebäudeansichten für Street View zu fotografieren, wurde das von vielen Menschen als Eingriff in ihre Privatsphäre empfunden. Jedermann könne nun sehen, wie man wohnt. Zudem könnten Einbrecher nun bequem online mögliche Ziele ausspähen, lauteten die Befürchtungen. Nachdem sich diese Aufregung weitgehend gelegt hat, stellt Google eine Neuerung vor, bei sich der eine oder andere Gedanke über den Verlust der Privatsphäre ebenfalls lohnt: Google Home ist ein Lautsprechersystem, das dem Benutzer aufs Wort gehorcht. Es wurde am Mittwochabend von Konzernchef Sundar Pichai auf der Entwicklerkonferenz Google I/O vorgestellt.

Bei diesem Lautsprecher lässt sich Musik per Sprachkommando auswählen und abspielen. Google Home ist ständig online, so dass wiederum sprachgesteuert Anfragen an die Suchmaschine gestellt werden können. Damit dies funktioniert, sind die eingebauten Mikrofone in ständiger Bereitschaft. Google Home bekommt alles mit, was in seiner Nähe gesprochen wird, um auf den nächsten Befehl zu warten – egal, ob das nun ein Song aus dem Katalog von Spotify oder der Taxiruf bei MyTaxi oder dem Fahrdienst-Vermittler Uber ist.

Diese drei Unternehmen sind in den USA die ersten Partnerdienste von Google für das neue System. Mit Google Home könne man zudem den Timer für den Backofen setzen, die Abflugzeit für den nächsten Flug abfragen oder auch das Licht im Wohnzimmer steuern, bewirbt das Unternehmen die Neuheit. Innerhalb einer Wohnung lassen sich mehrere Home-Lautsprecher zu einem Netzwerk verbinden, so dass man in jedem Raum Zugriff auf Google hat – aber andererseits Google-Mikrofone auch mitbekommen, was in jedem Raum gesprochen wird.

Dass Google nun künftig noch mehr über Material  zur umfassenden Profilbildung  über den Nutzer erhält, sollte zu denken geben, meint dazu Johannes Caspar, der Landesdatenschutzbeauftragte von Hamburg: "Wer Android-Geräte zur täglichen Kommunikation nutzt, mit der Google Suchmaschine seine Fragen beantwortet, sich mit Google Maps den Weg weisen lässt, Youtube als modernen Ersatz für das Fernsehen verwendet und nun mit Google Home  auch noch   seine medialen Bedürfnisse nach Musik und Unterhaltung stillt,  stellt dem Unternehmen ein fast vollständiges  digitales Abbild seiner Person zur Verfügung", warnt der Datenschützer.  

Amazon hat mit Echo den Anfang gemacht

Die Idee zu Google Home ist nicht neu. Im November 2014 hat Amazon den Lautsprecher Echo vorgestellt, der im Juni 2015 in den USA auf den Markt kam. Das in Deutschland nicht verfügbare System nutzt eine von Amazon entwickelte Spracherkennungstechnik. Alexa kann beispielsweise Fragen zum Wetter beantworten und ist mit dem Ordersystem von Amazon verbunden. Genau wie Google Home ist auch bei Amazon Echo das Mikrofon ständig aktiv und das System permanent mit dem Internet verbunden. Nach einem Medienbericht arbeitet Amazon an einer zweiten Version. Beim neuen Modell Fox muss das Mikrofon erst durch einen Knopf aktiviert werden.

Der hörende Lautsprecher ist nur eine von mehreren Anwendungen, die auf „Google Assistant“ basieren. Mit dem Assistenten solle man sich einfach unterhalten können, hatte Konzernchef Pichai im kalifornischen Mountain View erklärt. Bereits die Hälfte der Google-Suchanfragen stammt von mobilen Geräten und ein Fünftel wird per Spracheingabe gestellt. „Wir haben ein Jahrzehnt investiert, um die weltbeste Spracherkennungs-Technologie zu entwickeln“, sagte Pichai. Neben Amazons Alexa konkurriert Google mit Microsofts Cortana und dem von den iPhones bekannten Apple-Sprachassistenten Siri.

Bei der zweiten Neuheit, die auf Googles verbessertem Sprachassistenzsystem beruht, handelt es sich um den Messenger Allo. Neben seiner Funktion als Kurzmitteilungsdienst kann Allo mit Hilfe künstlicher Intelligenz passende Antworten oder eine Auswahl von Restaurants oder Filmen vorschlagen. Mit WhatsApp, Facebook und Skype will Google zudem mit der neuen App Duo konkurrieren. Mit dem für den Sommer angekündigten Programm sind Videoanrufe möglich.

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