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Der französischen Résistance schloss sich Diplomat Stéphane Hessel 1941 an.

© Arte

Fernseh-Serie: Schatten-Kämpfer

Eine sechsteilige Reihe auf Arte dokumentiert Europas Widerstand gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg. Darin zu sehen sind auch bisher unveröffentlichte Archivbilder.

Die Lehrerin Andrée Dumon schnitt den Buchstaben V – das Zeichen für Einheit und Widerstand – hundertfach aus Papier aus und verteilte die Schnipsel, wenn sie durch ihre belgische Heimatstadt radelte. Per Mortensen aus Dänemark war Fabrikarbeiter. Dass er Ersatzteile herstellte, die dafür bestimmt waren, „vielleicht schon acht Tage später Frauen und Kinder zu bombardieren, ging mir gegen den Strich“. Also flogen ab und zu Teile aus dem Fabrikfenster in den darunter fließenden Kanal. „So fing das an – ganz klein“, sagt Mortensen im ersten Teil eines ambitionierten Fernsehprojekts. „Schattenkampf – Europas Résistance gegen die Nazis“ heißt es, der französische Dokumentarfilmer Bernard George will darin den Widerstand während des Zweiten Weltkriegs in den von Deutschland besetzten Ländern schildern.

Die Recherche zwischen Frankreich und Russland, Griechenland und Norwegen ergibt einen chronologisch aufgebauten, insgesamt fünfstündigen Sechsteiler, jeweils an drei Mittwochabenden strahlt Arte Doppelfolgen aus. Bereits in den ersten beiden Filmen treten 31 Zeitzeugen vor die Kamera, darunter auch Prominente wie der spätere polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski und der französische Diplomat und Schriftsteller Stéphane Hessel. Der Widerstand in Deutschland selbst spielt offenbar keine Rolle – was nicht heißt, dass keine deutschen Widerstandskämpfer vertreten wären. Hans Heisel kam als mit Hitler sympathisierender Soldat nach Paris („eine wunderschöne Stadt“) und schloss sich dort der Kommunistischen Partei und der Résistance an, weil ihm nach eigenen Aussagen ein Friseur und ein Schneider die Augen geöffnet hatten.

Der französische Mehrteiler bietet dank der Ausdruckskraft der Zeitzeugen lebendige Geschichte. Hin und wieder werden einzelne Erlebnisse inszeniert, etwa wie Heisel dabei erwischt wird, Flugblätter in Toilettenpapierrollen zu verstecken.

Historische Originalaufnahmen, darunter auch einige in Deutschland selten oder bisher gar nicht gezeigte Archivbilder, ergänzen die Erzählungen. Regisseur George vermeidet übertriebenen Pathos oder nationale Schönfärberei. Sicher geht bei der Vielzahl der Beispiele und Fälle im Einzelnen etwas die Tiefe verloren, dafür weitet sich der Horizont. Mit den Zeitzeugen tritt ein vereintes Europa vor die Kamera, das in seiner Jugend aus unterschiedlichen Motiven und getrennt geführt in verschiedenen Ländern sein Leben riskiert, gekämpft - und, ja, zum Teil auch getötet - hat. Zurzeit fällt es wohl vielen schwer, den Begriff Europa mit anderen Vorstellungen zu verbinden als mit Misswirtschaft, Schuldenbergen und Währungskrise. Da kommt dieser Mehrteiler gerade recht. Thomas Gehringer

„Schattenkampf - Europas Résistance gegen die Nazis“, Arte, heute, 19. und 26. Oktober, jeweils 20 Uhr 15

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