zum Hauptinhalt
Von Geschwisterliebe weit entfernt. Susanne (Katharina Böhm, links) sieht sich und ihre Familie von Mia (Aglaia Szyszkowitz) bedroht. Foto: ARD

© MDR/Rowboat/Maria Krumwiede

Fernsehfilm: Mia kommt, sieht – und will siegen

„Am Ende der Lüge“ ist ein ARD-Film über zwei Schwestern im heftigen Familienclinch.

Wolkenstein heißt der Ort, und wenn einer ein Ende der Welt sucht, dann wird er im Erzgebirge fündig. Hier lebt und arbeitet die Uhrenmanufakturfamilie Althoff. Die Matriarchin stirbt, die ganze Familie trauert – und bei der Beerdigung stößt auch die verlorene Tochter Mia (Aglaia Szyszkowitz) dazu. Sie gilt als mondän, arbeitet in der schicken, aufregenden PR-Welt von Leipzig, sie fährt Motorrad, auch verheiratete Männer werden in ihrer Nähe unruhig – Mia ist das Gegenbild zur familienorienierten Susanne (Katharina Böhm).

Die Schwestern teilen ein Geheimnis, Tochter Jenny (Tara Fischer) von Susanne ist tatsächlich das Kind von Mia, die damals, beim gemeisamen Australienaufenthalt, schwanger wurde, das Kind nicht wollte, wohl aber Susanne, die keine Kinder bekommen konnte und kann.

Was stattfindet: Mia dringt in das Leben der Wolkensteiner ein, der Vater (Hermann Beyer) ist begeistert von ihren neuen Ideen für die Manufaktur, Jenny sowieso von der aufregenden Tante, der Krankenhausarzt Dr. Bussfeld (Kai Schumann) schwebt auf Wolke sieben, immer besser läuft es für Mia, immer schlechter für Susanne. Was nach geschwisterlicher Eifersucht aussieht, bekommt eine gefährliche Unterströmung. Denn auch Susanne wird aktiv, nach und nach erfährt sie die Wahrheit hinter Mias Fassade. Die Katastrophe naht, der Showdown kommt, und dann ist da wieder ein Trauerfall in der Uhrenmanufakturfamilie Althoff.

„Am Ende der Lüge“ heißt der Fernsehfilm nach dem Buch von Sophia Krapoth und Marcus O. Rosenmüller. Er ist auch der Regisseur. Nicht die Übertreibungen, nicht die Schussfahrt-Dramaturgie sind das größte Übel, es ist diese zusammengeleimte Story aus Fertigteilen eines familiären Unglücks. Selbst bei geschlossenen Augen, bei kurzzeitigem Nicken ist das Kalkül wahrnehmbar, das Geschehen vorhersehbar. „Am Ende der Lüge“ nimmt alle Kriterien des familiär ausgewuchteten Psychothrillers auf, jedoch ergeben die Einzelteile kein großes Werk. Der Zuschauer erlebt Genrehandwerk.

Was Koautor Rosenmüller bei seiner durchkalkulierten Handlung nicht eingefallen ist, das fällt auch dem Regisseur Rosenmüller nicht ein: eine sinnstiftende Übersetzung für eine aufgesetzte Geschichte. So, wie die Figuren, ihr Mit- und Gegeneinander inszeniert sind, klappert es ordentlich auf der Gefühlsmühle, das Ensemble offeriert Gesten und vor allem Blicke, die es an Eindeutigkeit, an Abgründigkeit nicht mangeln lassen. Outriert sind Machart und Spielweise, Aglaia Szyszkowitz und Katharina Böhm als die beiden Schwestern, die verbissen um ihr Stück vom Glück kämpfen, pumpen mächtig viel Luft in den Ballon, der trotzdem nicht in den Fernsehhimmel steigen will. Dass die Lüge nach 90 Minuten ihr Ende findet, ist nicht das Schlechteste an diesem Fernsehfilm von Mitteldeutschem und Österreichischem Rundfunk. Joachim Huber

„Am Ende der Lüge“, 20 Uhr 15, ARD

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false