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Fernsehfilm: Mit der Bombe sterben und töten

Der Film "Zwei Tage zwei Nächte" begleitet eine junge Selbstmordattentäterin in ihren letzten Stunden.

Das überbelichtete Bild meint man zu kennen: die Rückenfigur einer Frau vor gleißend weißem Hintergrund. Meist steht es am Ende eines Films und ist Zeichen eines bevorstehenden Todes. In Julia Loktevs Spielfilmdebüt „Zwei Tage zwei Nächte“ taucht es dagegen in der ersten halben Stunde auf: Es geht um 48 Stunden im Leben einer jungen Frau, die sich einem Selbstmordattentat verschrieben hat. Die sich darauf vorbereitet und von anonymen Helfern darauf vorbereitet wird, sich selbst mit einem Rucksack voller Sprengstoff und eisernen Nägeln am Times Square in New York in die Luft zu sprengen.

Ob sie noch Fragen habe, heißt es ganz offen, nachdem sie die letzten Instruktionen verinnerlicht hat. „Warum soll ich es tun, auch wenn keiner da ist?“, fragt sie dann. Die maskierten Helfer und Einweiser stehen auf, die Antwort bleibt aus.

Das ist der große Vorzug von Loktevs Film. Keine Antwort, keine Erklärung, keine Dämonie, keine Moral, keine Psychologie. Die 1969 in Leningrad geborene und seit langem in New York lebende Fotografin lehnt nicht nur die Logik ab, die in Hollywood ebenso wie im unabhängigen Film Konvention geworden ist, dass nämlich am Ende eines jeden Films die große Auflösung, das zutage geförderte Kindheitstrauma oder einfach die allumfassende Lehre steht. Sie verwehrt sich auch gegen die falsche Einfühlung jener journalistischen Reportagen, die sich Selbstmordattentäterinnen gewidmet haben und stets ein plausibles Motiv ausmachen konnten: hier ein Mädchen, das vom eigenen Freund betrogen wurde, dort eine Frau, die nicht schwanger werden konnte.

Nichts davon ist über die Attentäterin in „Day Night Day Night“ zu erfahren, kein politischer, kein religiöser Hintergrund, nicht einmal ein Akzent, der die von Luisa Williams gespielte Frau ethnisch zuordnen würde. Ob eine Entpolitisierung des Terrorismus beabsichtigt ist, mag offenbleiben.

„Zwei Tage zwei Nächte“:
Arte, um 22 Uhr 35

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