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Medien: Fernsehmuseum: Die Ansagerinnen

Erfunden wurde ihr Beruf in den prüden 50ern, da setzte man sie hinter ein Pult und nannte sie mit zärtlichem Spott "Damen ohne Unterleib". Vielen ersetzten sie gar die Ehefrau: immer da, aber nie erreichbar.

Erfunden wurde ihr Beruf in den prüden 50ern, da setzte man sie hinter ein Pult und nannte sie mit zärtlichem Spott "Damen ohne Unterleib". Vielen ersetzten sie gar die Ehefrau: immer da, aber nie erreichbar. In den 60ern dann wurde das Pult aus dem Fokus der Kamera gezerrt, was für ziemlichen Aufruhr sorgte. Die pure Sachlichkeit, befand die Kritik damals, sei mit dem Auftauchen des Schoßes dahin. Hatte es sie je gegeben?

Nein. Nie. Darum ging es doch gar nicht. Wir Postpostmodernen, verätzt von der Trailerkultur, dürfen das endlich öffentlich eingestehen. Die Fernsehansagerinnen gelangten in jener Zeit zur Blüte, als das Fernsehen nur abends kam, und sie waren so subversiv wie das Testbild. Aber im Gegensatz dazu waren sie aus Fleisch und Blut. Sie waren schön. Sie waren eroberungswürdig. Sie mengten dem Medium Fernsehen einen philosophischen Zauber bei, von dem wir heute nicht mehr zu träumen wagen. "Und nun gute Unterhaltung mit Wolfgang Lippert." Ist das nicht ein unumstößlicher, bleibender Satz? Das war Magie. Doch es ging um mehr: Als die "Chefansagerin" Irene Koss im Jahr 1955 plötzlich anstatt mit akkuratem Scheitel mit einer wilden Ponyfrisur auf der Mattscheibe erschien, löste das beinahe eine Revolution aus.

Schon angesichts der Tragweite dessen, was die Programmansage an ästhetischer Diskussion entfacht hat, von der seelsorgerischen Leistung nicht zu sprechen, rufen wir aus: Kommt zurück! Wir vermissen euch! Victoria Voncampe (Foto), Heidrun von Goessel, Mady Manstein, Claudia Doren, Denes Törzs und wie ihr alle heißt: Tretet raus aus dem Museum! Meldet euch wieder zu Wort! Schickt eure Kinder und Enkel zurück auf den Bildschirm!

Uta-Maria Heim

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