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Verheißt nichts Gutes: das Schiff der Inquisitoren im Hafen von Barcelona.

© dtp entertainment

Adventure: Geschichte spielen

Ob nun Science-Fiction oder Fantasy: Die meisten Games bedienen sich imaginärer Welten. Eine willkommene Abwechslung ist das Abenteuer "Lost Chronicles of Zerzura": Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Erfinders zu Zeiten der Spanischen Inquisition.

Der junge Feodor sprüht vor Ideen: Ständig stößt er auf Dinge, an denen er sein Tüfteltalent austoben kann. Feodor und sein Bruder Ramón leben im Barcelona des Jahres 1514, sie betreiben dort eine Erfinderwerkstatt. Doch zu viel Aufmerksamkeit wollen die Brüder tunlichst vermeiden: Der machtvollen katholischen Kirche sind die Naturwissenschaften ein Dorn im Auge, fortschrittliche Denker geraten schnell unter Blasphemieverdacht. Feodors neuestes Projekt – eine Flugmaschine für einen reichen Grafen – ist denn auch höchst riskant: Wird die Erfindung nicht rechtzeitig fertig, schwärzt ihn der Auftraggeber bei der Kirche an.

Während Feodor noch an den Konstruktionsplänen sitzt, überschlagen sich die Ereignisse: Die spanische Inquisition taucht auf, nimmt Ramón gefangen und verschleppt ihn nach Tripolis. Feodor will seinen Bruder vor dem Scheiterhaufen bewahren und reist ihm nach. Bald zeichnet sich ab, dass die Entführer noch ganz andere Ziele verfolgen: Ihr Interesse gilt den geheimnisvollen Reliquien, mit denen Ramón immer in der Werkstatt hantierte – und die offenbar etwas mit einer verschollenen Wüstenstadt namens Zerzura zu tun haben. Wird Feodor seinen Bruder retten und das Geheimnis lüften?

Auf dem Dach der Erfinderwerkstatt.
Auf dem Dach der Erfinderwerkstatt.

© dtp entertainment

Allein schon der geschichtliche Hintergrund macht "Lost Chronicles of Zerzura" zu einem ungewöhnlichen Spiel. Fantasy-, Sci-Fi- und Weltkriegsszenarien gibt es en masse – selten aber Games, die ihre Handlung in der Renaissance ansiedeln. Eine vergleichbare Kulisse gab es zuletzt in "Assassin's Creed II" (2009): Das Action-Spektakel ließ Spieler völlig in die Atmosphäre italienischer Renaissance-Metropolen wie Venedig und Florenz eintauchen. Anders als in "Assassin's Creed II" wird in "Lost Chronicles of Zerzura" aber kaum gekämpft und geklettert, sondern vor allem gerätselt. Das Spiel ist ein klassisches Point-and-Click-Adventure: Held Feodor sammelt und kombiniert Gegenstände, löst Logikaufgaben und führt Gespräche, um an Schlüsselinformationen zu gelangen. Sämtliche Spielfortschritte werden in Feodors Tagebuch abgelegt – so weiß man stets, welche Aufgabe als nächste wartet.

Die Rätsel sind eng mit der spannenden Story verbunden. Bevor Feodor eine Flugmaschine bauen kann, muss er die passenden Einzelteile organisieren. Manche findet er in der Werkstatt, andere wiederum bekommt er nur, wenn er anderen Stadtbewohnern hilft – etwa seinem Onkel Thabit, einem Kunsthändler, für den er eine an sich wertlose Statue "veredelt". Das Kamelleder, das Feodor zum Dank erhält, verbaut er dann mit anderen Einzelteilen zu einem funktionstüchtigen Luftschiff. Der Spieler darf sich dabei selbst wie ein Erfinder fühlen: Auf einem Pergamentpapier legt er die Konstruktionsschritte fest – stimmt die Reihenfolge nicht, kann auch schon mal ein bizzarer, gänzlich unbrauchbarer Apparat entstehen.

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Mit seinen logischen Denkaufgaben unterscheidet sich "Lost Chronicles of Zerzura" deutlich von den Erben klassischer LucasArts-Adventures à la "Monkey Island". Aktuelle Titel wie "Deponia" oder "Harveys neue Augen" stehen für schwarzen Humor, absurde Lösungen und für Aufgaben, die sich in lockerer Reihenfolge erledigen lassen. Die "Chronicles" sind sehr viel linearer aufgebaut: So kann Feodor bestimmte Gegenstände nur aufsammeln, wenn er sich bereits im entsprechenden Handlungsabschnitt befindet – Adventure-Routiniers werden das als Bevormundung empfinden. Für Einsteiger ist das Spiel bisweilen zu anspruchsvoll – besonders dann, wenn eine ganze Reihe von Gegenständen kombiniert werden muss.

In den Gassen von Barcelona.
In den Gassen von Barcelona.

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Atmosphärisch weiß "Lost Chronicles of Zerzura" fast durchweg zu überzeugen. Die Schauplätze wirken sehr authentisch, weil die Macher des Spiels selbst auf kleinste Details geachtet haben. Das kann ein Vogelschwarm sein, der über die Bucht von Barcelona zieht, oder auch die rotglühenden Kohlen im Schmelzofen der Erfinderwerkstatt. Die handgezeichneten Landschaften und Gebäude besitzen viel Charme, das Schlachtschiff der Inquisitoren wirkt auch ohne aufwändige Effekte bedrohlich und geheimnisvoll. Weniger gelungen ist die Animation der Figuren: Feodor stakst doch recht steif umher, die fehlende Mimik und dürftige Gestik lässt ihn wie eine Marionette wirken. Akustisch haben die "Chronicles"-Macher mehr Sorgfalt walten lassen: Die Synchronsprecher machen ihre Sache sehr gut, Hintergrundgeräusche wie Brandung und Wind verdichten die Atmosphäre. Vor allem aber punktet "Lost Chronicles of Zerzura" mit einer spannenden und unverbrauchten Story, die gerade Geschichtsliebhaber begeistern dürfte.

"Lost Chronicles of Zerzura" für PC. Preis: 40 Euro. USK-Alterseinstufung: ab 12 Jahren. Eine Demo-Version gibt es unter findezerzura.de.

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