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Gefälschte Gespräche: Die Kummer-Nummer

„Neon“ zieht Konsequenzen nach Fake-Interviews mit US-Stars.

Das Management von Beyoncé Knowles war verwundert. In einem Interview sollte die Künstlerin offen über ihren Ehevertrag gesprochen haben. Solche Themen sind in Interviews normalerweise tabu. Doch in der Januar-Ausgabe des Magazins „Neon“ war zu lesen, dass die bekannte Sängerin den Vertrag mit ihrem Mann, dem Rapper Jay-Z, nicht abstreite. In US-Blogs wurde darüber diskutiert, Knowles’ Management wurde aufmerksam und wandte sich am Montag mit Zweifeln an der Echtheit des Interviews an die „Neon“, den Ableger des „Stern“ aus dem Verlag Gruner+Jahr, der sich an junge Leser richtet.

Das Management wurde in seiner Vermutung bestätigt. Die beiden Chefredakteure Timm Klotzek und Michael Ebert konfrontierten ihren freien Mitarbeiter Ingo Mocek, der das Gespräch mit Knowles im November in Berlin geführt haben wollte, mit den Vorwürfen. Er habe zugegeben, dass das Gespräch mit Beyoncé in Berlin nie stattgefunden habe. Die Passage mit dem Ehevertrag sei frei erfunden, andere Teile habe Mocek aus früheren Treffen mit Beyoncé zusammengebastelt, sagte Klotzek. Mocek habe bestätigt, die Prüfinstanz der „Neon“-Dokumentation getäuscht zu haben.

Am Donnerstagabend hatte die Chefredaktion den Fall selbst öffentlich gemacht und die Leser auf der eigenen Homepage informiert. Eine interne Recherche nach dem Gespräch mit Mocek habe ergeben, dass er auch Gespräche mit Jay-Z, Christina Aguilera, Slash und Snoop Doggy Dogg, die zwischen 2004 und Februar 2010 erschienen, gefälscht habe. „Die Vorgänge sind in keiner Weise vereinbar mit den journalistischen und ethischen Maßstäben, nach denen die ,Neon’-Redaktion arbeitet“, heißt es in der Erklärung auf der Internetseite. Das Magazin distanzierte sich vom Inhalt des Interviews und beendete die Zusammenarbeit mit Mocek mit sofortiger Wirkung.

Einen ähnlichen Fall hatte es 2000 beim Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ gegeben. Damals war der Schweizer Journalist Tom Kummer mit fiktiven Interviews, teils mit großen US-Stars, aufgeflogen. Im Gegensatz zu deutschen Prominenten verzichten amerikanische Stars in der Regel darauf, Interviews vorm Abdruck zu autorisieren. Sonja Pohlmann

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