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Der Ex-Wikileaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg.

© picture alliance / dpa

Gegenkonzept: Babyklappe für Insider

Das Whistleblower-Projekt OpenLeaks ist enthüllt Doch der Wikileaks-Konkurrent hat Startprobleme.

Von Anna Sauerbrey

Es sollte ein Start mit Sternchen werden. Beim Sommercamp des Chaos Computer Clubs (CCC) bei Eberswalde kündigte Daniel Domscheit-Berg an, endlich werde es losgehen mit OpenLeaks, dem neuen Enthüllungsprojekt, das alles besser machen will als sein Konkurrent Wikileaks. Und nicht nur einfach losgehen. Domscheit-Berg und sein Team planten, den ersten Zugang am Mittwochnachmittag freizuschalten – und riefen die 3000 internationalen Hacker, die zum Sommertreff des CCC angereist waren, auf, die Plattform anzugreifen. Fünf Tage solle dieser Stresstest dauern. Und wenn das System standhielte, würde man es freischalten.

Doch der Start verstolperte. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe am Donnerstag war die Testversion noch nicht online, die OpenLeaks-Entwickler schwitzten in einem ehemaligen Flugzeug-Hangar im Camp über ihren Laptops. Interessant war Domscheit-Bergs Auftritt dennoch, erläuterte er doch erstmals im Detail, wie OpenLeaks funktionieren soll. Daniel Domscheit-Berg war Sprecher von Wikileaks, bis er die Enthüllungsplattform 2010 im Streit mit dessen Gründer Julian Assange verließ. In einem Buch kritisierte er Wikileaks als intransparent und Julian Assange als narzisstisch. Anfang des Jahres kündigte er an, ein eigenes Portal zu gründen.

Die tragende Idee von OpenLeaks ist es, das „Einsammeln“ von Dokumenten und deren Publikation zu trennen. Anders als Wikileaks soll OpenLeaks keine zentrale Plattform sein, auf der „Whistleblower“ – also Insider, die Missstände aufdecken wollen – Dokumente hochladen können. OpenLeaks stellt die Technik zur Verfügung, die dann jeder der Medienpartner auf eigenen Internetseiten einbetten kann. In der Testphase arbeitet OpenLeaks, wie Domscheit-Berg Donnerstag bekannt gab, mit fünf Partnern zusammen: der „taz“, dem „Freitag“, der dänischen Tageszeitung „Dagbladet Information“, dem portugiesischen Wochenblatt „Expresso“ und der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch. Später soll jede Organisation Partner werden können, die das wünscht. OpenLeaks selbst – laut Domscheit-Berg ein Team von sieben Leuten – kümmere sich nur um die Sicherheit der Datenübertragung. „OpenLeaks ist eine Art Babyklappe für Dokumente“, erklärte Domscheit-Berg am Mittwoch im Camp. Alles andere sollen die Partner übernehmen: Sie sollen überprüfen, wie glaubwürdig die Quelle ist, Hintergründe recherchieren und entscheiden, ob sie die Informationen verwenden oder nicht.

Die Whistleblower entscheiden also bei OpenLeaks selbst, welcher Organisation sie am meisten vertrauen, während OpenLeaks keinen Zugriff auf die Inhalte haben soll. „Wir sind nur ein Technologie-Provider“, so Domscheit-Berg. Die Whistleblower können außerdem auswählen, ob und wie lange dem Partner ihrer Wahl die Informationen exklusiv zur Verfügung stehen sollen. Wird die Exklusivität vom Whistleblower zeitlich begrenzt, stehen die Dokumente danach allen Partnern zur Verfügung.

Verpflichtungen aufseiten der Medienpartner gebe es keine, sagte Lotte Folke Kaarsholm, die als Redakteurin bei der dänischen „Information“ für das Projekt zuständig ist. Falls der Test gut laufe, werde man sich eventuell bereit erklären, Teile der Serverkosten zu übernehmen. Exklusive Absprachen zwischen der Plattform und einzelnen Medien, wie es sie bei einigen der Enthüllungen von Wikileaks gegeben hatte, werde OpenLeaks aber nicht treffen, sagte Domscheit-Berg. Wenn die Technik bereit sei, stehe sie jedem offen, seien es Medien, Menschenrechtsgruppen oder Nichtregierungsorganisationen. Anna Sauerbrey

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