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Nur im Film eine gewisse Ähnlichkeit: Charlie Chaplin spielt den großen Diktator.

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Glosse: Wie viel Hitler bin ich?

Amerikanische Webseiten für Ahnungsforschung starten die nächste Stufe des Ego-Googelns: Gen-Googeln. Unsere Autorin entwickelt die Geschäftsidee für den deutschen Markt weiter.

Von Anna Sauerbrey

Wer bin ich? Das ist die Frage, die 99,9 Prozent der Deutschen am allerallermeisten interessiert. Sie kommt unter den drängenden Fragen des Lebens vor „Mit oder ohne Pelle?“ und vor „Wer gewinnt die EM?“. Wir sind Egozentriker, da können wir noch so oft ehrenamtlich im Altenheim Bingo spielen.

An dieser kleinen Charakterschwäche verdiente nicht nur Richard David Precht mit „Wer bin ich und wenn ja wie viele?“. Mehrere Ahnenforschungsseiten aus den USA haben vielversprechende Businessmodelle entwickelt, die ich kurz vorstellen möchte, nur für den Fall, dass die je an die Börse gehen sollten. Meiner Meinung ist das das nächste große Ding nach dem Ego-Googeln: Google deine DNA.

Auf Ancestry.com aus den USA zum Beispiel kann man für 99 Dollar ein Wattestäbchen mit einer Gewebeprobe einschicken und die eigene DNA analysieren lassen. Mit dem Ergebnis kann man auf der Seite unter denen, die das auch gemacht haben, nach Verwandten suchen oder sich anzeigen lassen, welchen Regionalcode man eingebaut hat. „Finden Sie heraus, ob Sie Skandinavier, Westafrikaner oder amerikanischer Ureinwohner sind“, heißt es.

Ich vermute, dass die Zugriffsraten besonders an Sonntagen groß sind, wenn die Leute nach dem familiären Tortenessen zurück am heimischen Rechner mit klammen Fingern die Suchmaske aufrufen, beseelt von dem Verlangen, nicht einmal vom selben Kontinent zu stammen wie diese seltsame Mischpoke, besessen von dem Gedanken: Ich MUSS adoptiert sein.

Ich selbst bin mir da übrigens auch sicher, denn unter meinen vermeintlich nächsten genetischen Verwandten haben alle Mathe studiert. Bei mir reichte es nur für Geschichte, hier aber trotzdem noch ein paar Ideen, wie man das Geschäft nach Deutschland übertragen könnte, ich stelle sie denjenigen zur Verfügung, die zahlenmäßig etwas mehr draufhaben. (Nein, natürlich nicht umsonst, Dummy, haben Sie den Anfang nicht gelesen?)

Hierzulande muss man das Geschäft von Ancestry.com aufgrund historischer Befindlichkeiten meiner Ansicht nach etwas anders bewerben, ich schlage die umgehende Reservierung der URL „Wie-viel-Hitler-bin-ich.com“ vor. Warum sollte die „Bild“ mit nur einem Adolf-Enkel pro Jahr auskommen müssen? Die könnten doch eine Serie machen, da, wo statt der Nackerten von der Seite eins jetzt immer Fotos von Angela Merkel im Zoo zu sehen sind. Ordentlich Kapital muss natürlich in das Datenschutzkonzept investiert werden, nicht, dass irgendein fehlgeleiteter Enthüllungsjournalist auf die Idee kommt, ein Haar von Günter Grass einzuschicken. Als erste, große PR-Aktion schlage ich stattdessen vor, anhand des Materials einer repräsentativen Auswahl von Freiwilligen, die Frage zu klären, ob und wenn ja wie viel vom Islam denn nun wirklich zu Deutschland gehört. Ich hoffe, das Konzept wird bald umgesetzt. Ich glaube, das ist gesellschaftlich relevant.

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