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Medien: Halli, Hallo, Hallöchen

Warum auch die dritte Staffel "Germany’s Next Topmodel" funktionieren wird.

Die ehemalige Miss Frankfurt sieht aus wie die junge Donatella Versace und erzählt, es sei ja schon super, bei „Germany’s Next Topmodel“ mitzumachen, um vielleicht mal wieder eine Schärpe abzuräumen. Hätte Casting-Mutti Heidi Klum das gehört, wäre ihr Dauerlächeln wahrscheinlich eingefroren, denn genau darum soll es ja eben nicht gehen! Die Sendung kämpft gegen das Image, sie generiere gar keine Topmodels, sondern sei nur eine Castingshow, die ein paar gazellenhafte Mädchen vorführe und sie zu Dingen zwinge, die mit einem Modelleben oder der Qualifikation dafür überhaupt nichts zu tun haben.

Daher wird die erste Sendung der dritten Staffel auch darauf verwendet zu betonen, wie erfolgreich nicht nur Heidi und der Rest der Jury, sondern vor allem die bisherigen Gewinnerinnen Lena Gercke und Barbara Meier im Modelgeschäft unterwegs sind. Lena und Barbara stolzieren vor den neuen Kandidatinnen über den Catwalk, die Menge jubelt wie bei einem Boygroup-Konzert und man fragt sich, ob dies vielleicht der erste Moment im Modelleben der Gewinnerinnen ist, in dem sie sich wie Stars fühlen. Lena sieht man momentan vor allem in einem Katjes-Werbespot, und Barbara ist Botschafterin für das Jahr der Mathematik und Gesicht von C&A. Das riecht nicht nach Paris, Mailand und Versace, sondern irgendwie nach Regensburg und Bergisch-Gladbach.

Im Kampf gegen dieses Image wird es wohl von Vorteil sein, dass der nervige Bruce Darnell, der der Sendung zwar einen gewissen Wiedererkennungswert verschaffte (den sie angesichts der Quoten gar nicht brauchte), sie aber auch oft ungewollt ins Lächerliche zog, gegen einen „Casting-Director“ mit französischem Akzent und Sartre-Brille ausgetauscht wurde, der fast so gemein ist wie Zweitjuror und Modelagent Peyman Amin. Und auch Heidi ist hier nur manchmal nett, manchmal legt sie aber auch das Köpfchen schief oder rümpft das Näschen, weil sie erst mit dem Expression-Shooting nicht zufrieden war und die Kandidatin jetzt auch nicht glaubhaft einen Fernsehspot simulieren kann, in dem sie für Klobürsten wirbt.

Das war es aber auch schon mit klamaukartigen Szenen; ansonsten beschränkt sich beim Start von „GNT III“ darauf, hartes Business und terrierhaften Biss zu vermitteln. Und wenn ein Mädchen Schuhgröße 43 hat und in Stilettos der Größe 40 bei der ersten Modenschau das Gesicht zur Faust geballt über den Catwalk humpelt, dann zeigt sich, dass sie verstanden hat, wie ernst das hier ist. Es gibt Tränen, nackte Pos und Emotionen („Ich muss da durch – ich darf die anderen Mädels nicht allein lassen“). Es tut ein bisschen weh zuzusehen.

Für den Paradevorwurf hat man selbstverständlich vorgesorgt. Heidi hat gleich zu Beginn ein fast durchsichtiges Mädchen mit der Begründung, es sei zu dünn, persönlich nach Hause geschickt. Damit kann man sich den Rest der Staffel um die wichtigen Sachen kümmern: Konkurrenzkampf („Boah, ist die hässlich“), rührende Geschichten („Als Kind war ich dick und hässlich, heute will ich es allen zeigen!“) und Spannung („Nur eine von euch gewinnt den Vertrag bei IMG-Models“). Dazu die richtige Portion Mütterlichkeit der Casting-Chefin, die mit viel „Halli, Hallo, Hallöchen“ ihre Mädchen immer wieder davon zu überzeugen versucht, dass man mit Ehrgeiz und Selbstbewusstsein alles schafft.

Und warum findet man das interessant? Weil die Tränen echt sind, weil Träume näher kommen und zerplatzen, weil man selber nicht weiß, ob es im eigenen Leben schon mal eine Entscheidung gab, wegen der man weinend auf die Knie fallen wollte, und weil man dafür aber weiß, dass man spätestens in drei Wochen eine Favoritin hat und den anderen die Beulenpest wünscht. Dann kommt irgendwann das Finale, die Gewinnerin sieht man auch dieses Mal erst auf dem Cover der „Cosmopolitan“, dann macht sie vielleicht bei „Stars auf Eis“ mit und das ist ja vielen auch genug. Miss Frankfurt fände das bestimmt super.

Am Ende der Folge sind von 120 Mädchen nur noch 30 übrig. Miss Frankfurt auch.

Eine Kandidatin, die schon wieder gehen muss, sagt: „Traurig, dass schon alles wieder vorbei ist, wo es doch gerade erst angefangen hat.“ Recht hat sie.

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