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Medien: Hamburger Sparkasse

Aufsichtsrat entscheidet über Konzentration bei G+J

Gehofft haben die Mitarbeiter des Hamburger Verlags Gruner + Jahr bis zuletzt. Schließlich ist die Mehrheitseigentümerin, die Bertelsmann AG, ein traditionelles Familienunternehmen, angeblich zählen hier Verantwortung und Nachhaltigkeit viel. Vielleicht würden diese Werte gegen die rigorosen Sparpläne sprechen, die G+J-Chef Bernd Kundrun vergangene Woche verkündete, hofften die Mitarbeiter. Denn so viel Macht wie Bertelsmann hat bei Gruner + Jahr keiner: Während die Verlegerfamilie Jahr nur noch 25,1 Prozent an Europas größtem Zeitschriftenhaus besitzt, hält Bertelsmann 74,9 Prozent der Anteile und stellt mit Vorstandschef Hartmut Ostrowski den Aufsichtsratsvorsitzenden.

Doch nachdem am Donnerstag die Aufsichtsratsitzung von Gruner + Jahr unter Ostrowskis Leitung beendet war, gab es wohl keine Hoffnung mehr. Der Verlag erwartet, dass der Aufsichtsrat die Pläne absegnet: Die drei Wirtschaftstitel „Capital“, „Impulse“ und „Börse Online“ werden demnach von ihren Standorten in Köln und München nach Hamburg geholt und hier mit der „Financial Times Deutschland“ (FTD) zu einer Zentralredaktion zusammengelegt. Den mehr als 110 Mitarbeitern wird gekündigt. Ihnen bleibt lediglich die Chance, sich zu offenbar schlechteren Konditionen auf die neu ausgeschriebenen Stellen in Hamburg zu bewerben. 60 Arbeitsplätze fallen ganz weg, ebenso entlassen sind die 23 Mitarbeiter des People-Magazins „Park Avenue“, das komplett eingestellt wird.

Der Verlag wollte sich zur Sitzung am Donnerstag nicht äußern. Kundrun hatte am selben Tag in einem Interview in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ lediglich auf die Notwendigkeit der Sparpläne verwiesen, die er mit der Wirtschaftskrise begründete. Auf die Medienbranche würden wegen geringerer Werbeerlöse schwere Zeiten zukommen. Besonders die Printmedien, deren wichtigste Erlösquelle Anzeigen sind, seien „überproportional stark betroffen“, weil Unternehmen Imagewerbung und positionierende Werbung am ehesten verzichtbar erscheinen würden. Diesen Verzicht hält Kundrun für einen „gravierenden Fehler“. „Wer jetzt an öffentlicher Wahrnehmung verliert, wird es später, wenn die Märkte wieder anziehen, sehr schwer haben, diese wieder zurückzugewinnen“, sagte Kundrun. Wann das Anzeigengeschäft wieder anziehen werde, sei schwierig abzusehen.

Finanzielle Hilfe des Staates für die Verlagsbranche – ähnlich wie bei der Automobilbranche – lehnt Kundrun ab. „Aber man sollte darüber diskutieren, die Mehrwertsteuer für Printprodukte abzuschaffen.“ Die Presse habe eine gesellschaftstragende Rolle und deswegen einen besonderen Wert für die Demokratie und Kultur in Deutschland.

Den heftigen Sparkurs in seinem Haus hält Kundrun für die „verantwortungsvollste Strategie“. „Die Alternative wäre ein Siechtum einzelner Marken und die sukzessive Einstellung einzelner Titel.“ Den vier Wirtschaftstiteln sei nun „eine Zukunft in wirtschaftlicher und journalistischer Hinsicht“ gegeben. Nach dem Aus für „Park Avenue“ seien keine weitere Titel in Gefahr. Sonja Pohlmann

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