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Hätten wir nur nicht diesen Gebetsruf-Wecker eingepackt. Zahra (Peri Baumeister) wird vom Sicherheitsmann (Yotam Ishak, l.) befragt, Benni (Trystan Pütter) wartet.

© BR

"Herbe Mischung": Die Landneurotiker

Der Araber! Der Erzfeind! Im eigenen Haus! Bei einer jüdischen Beerdigung! "Herbe Mischung" ist ein deutscher Fernsehfilm, bei dem man über Israelis herzhaft lachen kann.

Was heißt eigentlich „Allahu akbar“? Ganz ohne Hintergedanken ist dieser Spruch in diesen Zeiten ja nicht mehr zu benutzen. Schon gar nicht auf einem Flughafen, kurz vorm Einchecken Flug Richtung Israel, Richtung Tel Aviv. Das Pärchen Zahra und Benni im ARD-Film „Herbe Mischung“ scheint das nicht zu wissen, sonst hätten sie sich mehr Mühe gegeben beim Kofferpacken. Aus dem Koffer fällt plötzlich heraus und schlägt Alarm: ein Gebetsruf-Wecker. Die Gebetszeit wird hier durch ein rotes Lämpchen angezeigt, das in der Plastikmoschee blinkt, gleichzeitig ruft batteriegetrieben eine Stimme den Gebetsruf „Allahu akbar“. Das heißt zwar nur „Gott ist groß“, aber da sich mit dem Ausruf islamistische Attentäter in der Regel in die Luft sprengen, reicht das, um das komplette Flughafen-Terminal lahmzulegen.

Terroralarm. Und so geht sie schon mal fulminant los, die Geschichte „Jude liebt deutsche Nichtjüdin mit arabischen Wurzeln und besucht sein Heimatland“, eine Clash-of-Cultures-Geschichte, die mit (fast) allen Klischees spielt, die das Thema Judentum/Israel so hergibt, und dennoch – oder gerade deswegen – ein gelungener, temperamentvoller ARD-Film am Mittwochabend geworden ist, der auch hätte von Woody Allen stammen können.

Wer sagt's der Mischpoke daheim?

Die schlechten Nachrichten für Botanik-Student Benjamin (Trystan Pütter) und Teeladen-Besitzerin Zahra (Peri Baumeister) gehen ja schon vorm Münchner Flughafen los. Benjamins Opa ist gestorben, die beiden müssen in einem Tag bei der Beerdigung in Israel sein. Nur, wie soll man das mit der deutschen Freundin, deren Vater Ägypter ist, der Mischpoke daheim beibringen?

Die wissen nur, dass sich das Pärchen in Deutschland vor einer Synagoge kennengelernt hat. Und nun das: Der Araber! Der Erzfeind! Im eigenen Haus! Bei einer jüdischen Beerdigung! Benjamins Vater ist hochdekorierter Militär, der Cousin Rabbi, Tante Edna, eine alte Jungfer, wittert hinter jeder Ecke einen Araber oder mindestens Deutsche, ein Volk von Nazis.

Bei Zahra Abdullah kommt beides zusammen, Araberin und Deutsche. Bis das alle Mitglieder der Familie Goldfein mitbekommen haben, arbeitet sich der Fernsehfilm – dafür, dass sich das Ganze auf dünnem Eis bewegt – auf leichtfüßige Weise an dem einen oder anderen Klischee bezüglich Israel, respektive des Judentums in Israel ab. Außerst wehrhaft, ein Araberhasser, baut Bunker mit Gasmasken in seinem Haus, muss viele Kinder bekommen, hat wenig Humor, trägt gerne schwarze coole Sonnenbrillen etc.pp.

Ein schmaler Grat, eine respektlose Posse vor dem Hintergrund eines alten Konfliktes im Nahen Osten. Gerade in diesen Wochen, wo der Blick in der Region eher Richtung Norden geht, auf den Bürgerkrieg in Syrien. Der Konflikt zwischen jungen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften ist wieder aufgeflammt, mit vielen Opfern.

Israelis und Palästinenser an einem Tisch

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, was Hauptdarsteller Trystan Pütter über den Dreh in Israel erzählt, wo man sich ja öfters fragt, ob der lockere Blick auf diese Dinge von außen und innen ein gleicher ist, ein gleicher sein kann. „Ich habe ein sehr freundliches, lebenslustiges Volk kennengelernt. Die hatten keine Probleme damit, dass ich Deutscher bin.“ Gehe es um den Konflikt mit den Palästinensern, ist die Sache komplizierter. Peri Baumeister erzählt, wie gerade Witz und Pfiffigkeit bei Überwindung von Hass und Gewalt helfen können. Das zeige ein Restaurant in der Nähe von Tel Aviv. Essen dort Israelis und Palästinenser an einem Tisch, müssten sie nur den halben Preis zahlen.

Dem schleudern Benjamin und Zarah ein „Wir lieben uns, alles andere ist egal!“ entgegen, das ist in seiner Einfachheit ebenso stupend wie dieser Gebets-Wecker und die Auflösung des Familienkonflikts am Ende. Der israelische Regisseur Dror Zahavi hat das Ganze routiniert, mit Mut zur Überdrehung, inszeniert. Annabel Wahba hat das Buch zusammen mit ihrem Ehemann Barry Thomson nach einer autobiografischen Grundidee geschrieben. Es ist das erste Mal, dass sich das deutsche Fernsehen traut, eine deutsch-israelisch-arabische Komödie zu machen, in der man über die Israelis so richtig lachen darf. Das ist schon mal eine Menge.

„Herbe Mischung“, Mittwoch, ARD, 20 Uhr 15

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