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Medien: Hört auf, Aktien zu kaufen

In einer ARD-Story stellen sich die Haffa-Brüder den Vorwürfen

Der junge Banker gerät ins Schwärmen. Thomas Haffa „hatte den Touch eines Visionärs“, sagt Christian Sundermann. Mit seinem „stahlblauen Blick“ sei Haffa „sehr charismatisch“ gewesen. Dem Mann von der Düsseldorfer WestLB erschien das dröge Bank-Geschäft im Herbst 1996 in neuem Licht – als Gast bei Thomas Haffas EM.TV. Im Oktober 1997 wird die EM.-TV-Aktie für 34 Mark an der Frankfurter Börse eingeführt. Innerhalb von zwei Jahren stieg der Wert der Aktie um 14 000 Prozent. Thomas Haffa und sein Bruder Florian stiegen von mittelständischen Unternehmern zu Milliardären empor. Ihre einstige Firma EM.TV gilt heute als Symbol für die rasante Erfolgsgeschichte des Neuen Markts – und den rasanten Absturz.

Auf ihrem Höhepunkt in den Jahren 1999 und 2000 kauften die Haffa-Brüder die Jim Henson Company, stiegen bei der Formel 1 ein. Nun sind sie vorbestraft. Wegen Fälschung der Geschäftszahlen wurden sie im April zu 1,4 Millionen Euro Geldstrafe verurteilt. Die „story“-Reportage „Von Börsenstars zu Bösewichten – Die Haffa-Brüder“ (ARD, 21 Uhr 45) ist ein Lehrstück über den modernen Kapitalismus.

Jünger des Erfolgs

„Es liegt mir fern, Haffa als alleinigen Täter herauszustellen“, sagt Autor Klaus Martens. Tatsächlich wird in dem Film von Martens und Cornelia Uebel deutlich, wie Banken den schnellen Aufstieg von EM.TV aus Eigennutz förderten, und wie die Klein-Aktionäre, die „Haffa-Jünger“, unkritisch an den Lippen des Firmenlenkers Thomas Haffa hingen. Der Traum vom schnellen Geld einte sie alle. Auch in den Medien wurde Haffa gefeiert wie ein Popstar. „Es gab eine irrationale Emotion im Markt, in diesem Geschäft, zu mir, zum Unternehmen, zur Börse“, sagt Thomas Haffa, der sich erst nach einjährigen Überredungsversuchen bereit erklärte, für die „story“ vor die Kamera zu treten.

Von Einsicht in eigene Fehler ist freilich nichts zu hören. „Ich kann mich ja nicht hinstellen und sagen: Hört auf, unsere Aktien zu kaufen.“ Vielmehr wurde so viel Geld eingesammelt, wie der Kapitalmarkt hergab. Den Milliarden-Einnahmen aus Aktienverkäufen und Bankkrediten stand jedoch nur ein Bruchteil an selbst erwirtschaftetem Umsatz aus dem Handel mit TV-Kinderprogrammen und der Vermarktung von Trickfiguren gegenüber. EM.TV war an der Börse zeitweise mehr wert als die Lufthansa AG. Doch der Riese stand auf tönernen Füßen, nur wollte das niemand so recht wahrhaben.

Der Blick ins seltsame Innenleben der Finanzwelt ist die Stärke dieser Reportage. Doch die Autoren konnten nicht jeden Winkel ausleuchten. Über das enge Verhältnis von Thomas Haffa und Leo Kirch erfahren die Zuschauer nichts Neues. Gerne hätten sie die intensiven Geschäftsbeziehungen näher untersucht, sagt Klaus Martens. „Doch da liegen die Grenzen in der Person Kirch.“ Wie beruhigend, dass sich manches in der dynamischen deutschen Wirtschaft einfach nicht ändern will.

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