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Medien: „Ich scheiß die Berliner mit Freundlichkeit zu“

Kurt Krömer stammt aus Neukölln. Der Comedy-Newcomer des Jahres weiß, wie man die Leute auf seine Seite bringt

Herr Krömer, Sie füllen in der ersten Folge Ihrer neuen Sendung den Rapper Sido mit Korn ab. Hat’s Spaß gemacht?

Ich wollte wissen, wie der so drauf ist. Alle sagten, der ist unheimlich böse. Sido kommt aus MV, dem Märkischen Viertel. Ich dagegen stamme aus Neukölln. Die Redaktion hatte Angst, dass er uns vielleicht das Studio zusammenhaut oder mit der Kettensäge kommt. Aber der war ganz lieb. Ohne seine Maske sieht er aus wie ein Sachbearbeiter der AOK. Ich muss sagen: ein liebenswürdiger Kerl.

Sie plaudern drauflos, als gingen Sie vollkommen unvorbereitet in die Sendung.

Vorgespräche mit meinen Gästen gibt es jedenfalls nicht. Das ist anders als zum Beispiel bei „Kerner“, wo ich Vorgespräche führe, seitdem ich eingeladen wurde, also seit etwa zwanzig Jahren. Meine Redaktion gibt mir drei, vier Seiten Infos, das war’s. Von René Weller, meinem anderen Gast, wusste ich nicht viel mehr, als dass er Boxer war.

Wie haben Sie es geschafft, den schönen René zum Sprechen zu bringen?

Kann schon sein, dass der Gute nicht wirklich wusste, was er bei mir soll und was er hier macht. Muss er ja auch nicht. Die meisten von denen, die zu mir kommen, kennen mich gar nicht. Natürlich fragen die sich: Was will denn der, was mache ich hier? Wenn man mit den Leuten erst mal warm geworden ist, dann geht’s meistens.

Wundern Sie sich nicht selbst, was die Leute alles mit sich machen lassen?

Ich freue mich darüber. Die Leute haben Spaß dran, warum weiß ich auch nicht. Sie kommen gerne zu mir. Neulich war ich bei einer Premiere in der „Bar jeder Vernunft“. Da haut mir einer ins Kreuz und brüllt: Krömer! Das war der Schauspieler Richy Müller gewesen. Später kam auch noch Joachim Król auf mich zugerannt und erzählte mir, sein Sohn fände meine Sendung ganz toll. So was kommt mir immer ganz komisch vor. Eigentlich müsste ich doch erst mal diesen Leuten sagen, wie toll ich sie finde.

Wie würden Sie das eigentlich nennen, wenn Sie Leute befragen?

Ich weiß auch kein Wort dafür. Da sitzt ein Mann an einem Tisch und fragt komische Sachen. Ich finde das sehr schön.

Sie als Künstler ...

... genau. Um mit einem bekannten Sohn zu reden: Mein Vater ist was Höheres.

Was denn?

Tischler. Ich finde es gut, wenn man sagen kann, mein Vater ist was Höheres. Mein Vater ist was Höheres, ich bin Künstler: Da kann man sich alles erlauben.

Sie werden auch der „Ossi mit der Brille“ genannt.

Und das, obwohl ich ein echter Neuköllner bin. Oder vielleicht deshalb? Vor vierzig Jahren gab es in Neukölln jede Menge Bars und Varietés, das war ’ne richtig gute Gegend. Und in Neukölln gibt es heute noch den ältesten Karnevalsverein Berlins.

Aufgewachsen sind Sie im Wedding. Sind Sie da als Kind jemals herausgekommen?

Aber sicher. Wir sind mit der U-Bahn bis Leopoldplatz gefahren und dann nischt wie rin zu Karstadt. Das war Stufe eins. Stufe drei war: in die Stadt, zum Ku’damm. Da haben wir schon am Vortag die besten Sachen so rausgelegt, wie wir sie dann auch angezogen haben.

Sie sind ein Erfolgsmensch. Sind Sie dem Erfolg hinterhergelaufen oder hat er sie irgendwann eingeholt?

Ich bin jetzt seit elf Jahren dabei, die beiden letzten waren ganz okay. Ich muss nicht auf die Titelseiten der „Bild“-Zeitung, ich brauche kein Millionenpublikum, das mich nicht kennt. Ich trete erst seit zwei Jahren auch außerhalb von Berlin auf – ich sage mir: alles schön weitermachen wie gehabt. Organisch wachsen. Jetzt bin ich dreißig. Wenn der große Krömer-Boom mit vierzig kommt, reicht es auch noch.

Sind Sie ein Volkskomiker?

Fänd ich gut. Meine Zielgruppe reicht von acht bis 88. Ich freue mich, wenn die Achtjährige neben einer aufgedonnerten Oma und einem Punk sitzt. Und alle lachen an derselben Stelle.

Sie sprechen eine einfache Sprache, Sie berlinern auf Teufel komm raus. Das macht es vielleicht leichter.

Ich bin ein Clown, und ich liebe meine Stadt. Ich habe Berlin aber auch schon gehasst. Vielleicht kann man diese Stadt nur lieben, wenn man sie mal gehasst hat. Jetzt bin ich immer ausgesucht höflich, wenn ich bei Karstadt mal wieder so richtig berlinerisch bedient werde. Ich scheiß die Leute mit Freundlichkeit zu. Die werden fertig gemacht. Ich hole mir die Sachen selber aus dem Regal, ich trag sie zur Kasse, ich zieh es mir selbst vom Konto ab. Und dann: auf Wiedersehen, und schönen Tach noch.

Jetzt sind Sie obenauf. Es gab auch andere Zeiten.

Ich gebe zu, dass es nicht das Größte war, vor vier Leuten in der „Scheinbar“ aufzutreten. Und das nach der Arbeit. Aber ich habe in dieser Zeit eines gelernt: Kurt, du musst an dir arbeiten. Ich habe zum Beispiel in den ersten acht Jahren auf der Bühne immer sehr schnell gesprochen. Ich dachte, wenn ich schnell spreche, bin ich auch wieder schnell zu Hause. War natürlich albern. Ich dachte, die Leute wollen nicht, was ich da mache. Dabei haben sie mich nur nicht verstanden.

Was hat Sie im jungen Alter von 20 auf die Bühne getrieben?

Meine Intention war, Schauspieler zu werden. Aber da war ich eben schon zwanzig, und es war zu spät dafür. Ich hatte eine Lehre erfolgreich abgebrochen und mir schön mein Leben versaut. Für mich gab es also nur eins: vorwärts, immer vorwärts. Mein Vorschlag an mich war damals: Geh auf eine Schauspielschule, werde Komiker und picke dir dann nur die komischen Rollen raus. Ich habe auch einige Tage an einer Schauspielschule hospitiert, aber das war mir dann doch zu ernst. Wenn ich die Schule fertig gemacht hätte, würde ich sicher heute hier nicht sitzen und über Neukölln reden. Meine Schule war die Jobberei und det Leben, wa.

Sie sind der beliebteste Neuköllner von Berlin. Und gehen dann zum RBB. Warum?

Sie wollen wissen, warum ich mir nicht schon jetzt meinen Hintern vergolden lasse? Weil es zu früh ist. Ich möchte meinen eigenen Weg gehen. Wenn ich zu RTL ginge, würde ich doch nach zwei Sendungen abgesetzt. Ganz einfach weil ich noch nicht so bekannt bin, dass das Volk meinen Namen kennt. Ich bin mit dem RBB sehr zufrieden. Da bin ich schließlich die Nummer eins. Sonst haben sie ja keinen wie mich.

RTL ist Ihnen doch sicher nachgestiegen?

Es gab das Angebot, bei „Sieben Tage – sieben Köpfe“ mitzumachen. Als ich Nein gesagt habe, ist der Holländer am Telefon fast ausgeflippt. So was hätte er, Rudi Carrell, in vierzig Jahren Showbizz noch nicht erlebt. Wat soll ick sagen: wurde wohl mal Zeit. Dann gibt es Angebote, Bücher zu schreiben. „Kurt Krömer – das Ende“: klingt vielleicht gut. Aber wer soll das lesen? Ist doch albern.

Der RBB kündigt „Bei Krömers“ an als ein „Trash-Ereignis erster Güte. Hier wird sich allen gebalgt und gemessen.“ Klingt süß, finden Sie nicht auch?

Det is ne Wolke, könnte man sagen. Zeigen Sie mal, wusste ich noch gar nicht. Vielleicht muss der RBB da erst noch reinwachsen. Wir arbeiten ja erst seit zwei Jahren zusammen.

Wann ist Schluss mit Fernsehen?

Wenn man mich nicht mehr machen lässt, was ich machen will. Das wäre das Ende von Kurt Krömer.

Wer ist das eigentlich?

Gute Frage.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

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