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In der Livesendung zur US-Wahl will ZDF-Chefredakteur Peter Frey Fernsehen, Online und Twitter miteinander verbinden. Der Tagesspiegel ist Kooperationspartner des ZDF zur Wahl. Bettina Schausten, Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios, wird Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff um 1 Uhr 30 interviewen. Foto: ZDF

© Carmen Sauerbrei

Im Interview: „Um sieben Uhr wollen wir aufhören“

ZDF-Chefredakteur Peter Frey über lange Nächte bei US-Wahlen, Obamas Fehler und Fernsehduelle. Und was das Fernsehen daraus für die Bundestagswahl 2013 lernen kann.

Herr Frey, was bietet das ZDF in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch zur US-Präsidentenwahl, was die Konkurrenz nicht zu bieten hat?

Wir sind das Original und entwickeln unser erfolgreiches Konzept von 2008 weiter. Dass uns die anderen jetzt folgen, verstehen wir als Ansporn. Neu bei uns ist, dass wir Wahlberichterstattung, Wahlparty und interaktive Elemente auf einer Plattform integrieren. Was die Einbeziehung der Social Media angeht, werden wir die Nase vorn haben.

Auf einer Plattform heißt was?

Nicht zwei Sendungen nebeneinander, sondern Fernsehen, Online und Twitter in einer Livesendung aus Berlin.

Was kommt aus Washington?

Ulf Röller und sein Team aus unserem Studio Washington berichten live und mit Filmen über die Hintergründe des Wahlkampfs. Claus Kleber wird von einer Wahlparty zur nächsten ziehen und sich immer wieder melden. Unsere Moma-Kollegin Dunja Hayali wird sich vom Times Square in New York melden. Klaus Prömpers ist in Chicago, dort, wo Obamas Karriere begann.

Stimmt die Einschätzung, dass die US-Präsidentenwahl 2012 nicht auf das gleiche Interesse in Deutschland stößt wie 2008?

Der historische Moment mit der Wahl des ersten schwarzen US-Präsidenten war ohne Zweifel vor vier Jahren. Jetzt ergibt sich die Spannung aus etwas anderem: der Knappheit der Umfrageergebnisse. Die entscheidende Frage ist: Gelingt dem ersten schwarzen Präsidenten die Wiederwahl oder scheitert er – an seinen mächtigen Gegnern, an immer noch latent vorhandenem Rassismus und seinem eigenen Politikstil, den viele als kühl und professoral beschreiben?

Waren wir damals fasziniert und sind heute irritiert von den USA?

Die weltpolitische Entwicklung zeigt ja, dass die Rolle Amerikas als einzig übrig gebliebener Supermacht ins Wanken geraten ist. Da ist noch ein Vorsprung im Konzert der Großen, der aber ist deutlich kleiner. Da ist auch ein Element der Fremdheit zwischen den Amerikanern und den Deutschen eingetreten. Denken Sie nur mal an die Sicherheitsmaßnahmen, denen man sich bei der Einreise im Vergleich zu Kanada unterwerfen muss. Obama hat auch die Erwartungen, dass sich der Riss, der mit Bush eingetreten ist, wieder schließt, nicht erfüllt.

Wie reagiert das ZDF darauf?

Wir nehmen die USA unverändert sehr wichtig. Für uns ist diese Wahl der journalistische Höhepunkt des Jahres. Wir gehen da auch der Frage nach, in welchem Zustand sich das Land befindet.

Amerika ist nicht mehr die Welt, andere Schauplätze wie zum Beispiel China werden immer wichtiger. Was bedeutet das für die Berichterstattung Ihres Senders?

Unsere US-Studios in Washington und in New York sind immer noch sehr gut besetzt. Zugleich wenden wir uns vermehrt den neuen weltpolitischen Strömungen zu. China ist dafür ein Beispiel, auch Brüssel. Dort haben wir mittlerweile unser größtes Auslandsstudio. Natürlich müssen wir darauf reagieren, dass die Europäer aufgrund der Schwäche Amerikas zu stärkerem Engagement herausgefordert werden, wirtschaftlich, politisch, militärisch.

Der Wahlkampf in den USA geht ins Finale, in Deutschland wird 2013 gewählt. Was können die deutschen Sender aus dem US-Duell 2012 lernen?

Für mich stellt sich die Frage, ob das amerikanische System den Anforderungen einer komplexen Gesellschaft noch gerecht wird oder nicht. Die extreme Polarisierung auf zwei Kandidaten, so sehr der Duellcharakter auch fernsehgerecht ist, reflektiert die Entwicklung der Gesellschaft nicht. Meine Zweifel an der Repräsentativität und an der Wirksamkeit des amerikanischen Systems sind mit den letzten Wahlgängen gewachsen.

Aber fernsehgerecht ist es schon, das System in Duellform?

Klar, das Duell, wie es in Deutschland seit der Konfrontation Schröder versus Stoiber existiert, wird auch im Wahlkampf 2013 seine Rolle spielen. Ich plädiere zugleich entschieden dafür, dass neben dem Duell der Kanzlerkandidaten die Breite unserer politischen Landschaft in der Wahlberichterstattung ausführlich gezeigt wird.

Gibt es schon Kontakte und Anfragen an die Parteien wegen des Duells?

Darüber zu sprechen, ist noch zu früh. Schon die Erinnerung an 2009 zeigt, dass diese Form, vier Journalisten fragen zwei Politiker, nicht die gelungenste war.

Zurück zur Wahl in den USA. Das ZDF sendet so lange, bis der Sieger feststeht?

Wir rechnen mit Vorentscheidungen um zwei und um drei Uhr, wenn die Ergebnisse der großen „Swing States“ wie Florida und Ohio vorliegen. Gewinnt ein Kandidat nicht beide Staaten, dann kann es bis in den frühen Morgen hinein dauern. Wenn es schlecht läuft, haben wir acht Stunden gesendet und kein Ergebnis. Um sieben Uhr wollen wir aufhören, weil dann die Kondition aller Beteiligten nachlässt. Wir machen am Mittwoch um 19 Uhr 40 ein „heute journal spezial“. Nach der Champions-League-Übertragung kommt Theo Koll aus Washington mit einem „Auslandsjournal spezial“, das dann mehr ins Land hineinschaut.

Das Interview führte Joachim Huber. Der Tagesspiegel ist Kooperationspartner des ZDF bei der US-Wahl.

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