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Im Radio: Die Ehe, der Teufel und die Schweiz

Unter Soziologen wird unser zeitgenössisches Wirtschaftsleben gern als Psychokapitalismus bezeichnet. Der größte Verführer, so könnte man pointieren, erzielt auch die größten unternehmerischen Erfolge.

Damit der Kapitalist verführen kann, braucht er zunächst die Aufmerksamkeit seiner potenziellen Kunden. Das Radioessay „Aufmerksamkeit“ von Matthias Eckoldt widmet sich folglich einem Bewusstseinszustand, der mittlerweile zum Goldstandard der modernen Wirtschaft geworden ist. Unternehmen konkurrieren um die Aufmerksamkeit des Publikums, Aufmerksamkeit ist ein Synonym für Markterfolg, ein publikumswirksamer Skandal steht häufig am Anfang ökonomischer Erfolgsgeschichten (Kulturradio vom RBB, 22. April, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Einerseits ist die Ehescheidung heute zur kollektiven Erfahrung geworden. Fast die Hälfte aller Zeitgenossen durchläuft einmal im Leben so ein juristisches Trennungsverfahren. Andererseits stecken hinter fast jeder Scheidung noch immer persönliche Katastrophen, Beziehungskämpfe, Gewalt und Demütigung. In ihrer Langen Radionacht „Wohl brach ich die Ehe, aber zuerst brach die Ehe mich“ erzählen Heide und Rainer Schwochow über Geschichte und Gegenwart der Ehescheidung. Über Strafrecht, Tabus und Doppelmoral, über Psychoterror und Seelennot. Aber das Autorenpaar hat auch nach gegenteiligen Erfahrungen gesucht: geglückte Scheidungen, Trennungen im gegenseitigen Einvernehmen, friedliche und faire Abschiede (Deutschlandradio Kultur, 24. April, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Ein Mann weint hemmungslos vorm Mikrofon. Zwanzig Jahre hat er im Rampenlicht gestanden, als Tänzer auf Deutschlands berühmtester Revuebühne. Nun ist er in den Vierzigern und die Knochen taugen nicht mehr für die große Show. Er wird in den Ruhestand geschickt, fällt in schwarze Löcher aller Art, noch Jahre später fließen Tränen bei der Erinnerung ans einstige Künstlerglück. Im Feature „Der Tänzer vom Friedrichstadtpalast“ von Hans Schreiber erzählt der Mann mit größter Aufrichtigkeit von seinem Bühnenleben, das im Show-Olymp der DDR begann und im bundesdeutschen Tingeltangel endete. Eine Lebensgeschichte, die man nicht so schnell vergisst (Kulturradio vom RBB, 24. April, 9 Uhr 05).

Dass der Teufel das Geld erfunden hat, wird von den wenigsten bezweifelt. Ganz sicher hatte er dabei Böses im Sinn, etwa die Förderung der menschlichen Gier und Verzweiflung. Aber ging es dem Teufel mit dem Geld so, wie es Mephistopheles in Goethes „Faust“ erging? Hat er das Böse gewollt und doch das Gute geschaffen? Das Feature „Wer braucht schon Geld?“ von Edina Picco macht sich Gedanken über das wichtigste Schmiermittel unserer Zivilisation. Woher kommt das Geld, wozu wird es gebraucht? Die Autorin hat sich auch unter Geldverächtern umgehört. Bei den Aktivisten einer geldlosen Kultur, die Tauschringe organisieren und lokale Ersatzzahlungsmittel kreieren (SWR 2, 25. April, 14 Uhr 05, Kabel UKW 107,85 MHz).

Irgendwie haben wir immer gedacht, die Schweizer sind den Deutschen sehr ähnlich. Aber nun ist zu hören, dass viele Eidgenossen uns als völlig fremden Menschenschlag ansehen. Als unliebsame Nachbarn mit schlechten Manieren und einem generellen Mangel an Kultur. Das Feature „Äxgüsé, das läuft hier ein wenig anders“ von Irene Grüter bemüht sich um Erklärungen. Wir hören Experten, die das Alltagsleben auf beiden Seiten der Front gut kennen. Was hat der Schweizer an uns zu kritisieren? Wo lebt und fühlt er tatsächlich ganz anders? Und nicht zuletzt: Wer macht da drüben Politik mit antideutschen Stimmungen? (Kulturradio vom RBB, 27. April, 19 Uhr 04)

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