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Im RADIO: Ostrock und Kapitalismuskritik

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten

Im Jahr 1992 kam Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“ in die Kinos. Oskar Schindler wurde weltberühmt als charismatischer Retter der Juden, als guter Deutscher, als leidenschaftlicher Spieler, der zur rechten Zeit auf Moral setzte. Sieben Jahre bevor Hollywood seine Geschichte erzählte, hat die Berliner Publizistin Lea Rosh ein Radiofeature über Schindler gemacht. Rosh sprach mit Juden, die ihr Leben den Schindlerschen Listen verdankten. Statt professioneller Dramatik also die subjektive Erinnerung der Zeitzeugen. Zu Schindlers 100. Geburtstag wird das spannende Dokument noch einmal aus den Archiven hervorgeholt (Kulturradio vom RBB, 30. April, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Im Osten war André Herzberg ein Rockstar. Mit seiner Band „Pankow“ sang er einer jungen, sozialismusmüden Generation aus der Seele. Trotzdem war seine Karriere nach 1989 irgendwie zu Ende. Die gesamtdeutschen Charts klangen anders. Dabei macht Herzberg noch immer gute Songs, wie die Musikbeispiele in seinem Hörspiel „Die wundersame Geschichte eines Ostrockers, erzählt von ihm selbst“ beweisen. Herzberg blickt auf sein bisheriges Leben zurück: aufgewachsen in einer jüdisch-kommunistischen Familie, Leben in einer Diktatur, die auch antisemitische Neigungen hatte, musikalische und andere Inspirationsquellen. Mit erfrischender Melancholie plaudert Herzberg das alles durch (Kulturradio vom RBB, 1. Mai, 22 Uhr 04).

Wenn Bildende Künstler sich an Literatur versuchen, entstehen oft märchenhafte Chiffren. So auch im Roman „Das mörderische Leben“ von Félix Vallotons, der nun fürs Hörspiel adaptiert wurde. Valloton, geboren 1865 in der Schweiz, war Maler und Grafiker. Ein Künstler des Jugendstil und Symbolismus. Sein posthum erschienener Roman erzählt vom jungen Kunstkritiker Jacques Verdier, der in seinem Leben das Unglück magisch anzieht. Doch davon getroffen wird nicht er, sondern die Menschen in seiner Nähe. Wo immer Verdier auftaucht, folgt ein „absurder Tod“ auf dem Fuße. Im Paris der Jahrhundertwende muss Verdier sich zwischen zwei Frauen entscheiden. Das Schicksal nimmt seinen Lauf (Deutschlandradio Kultur, 4. Mai, 18 Uhr 30, UKW 89,6 MHz).

Früher hat der Berliner Schauspieler Henry Hübchen avantgardistisches Theater gemacht. Heute stellt er im deutschen Fernsehen italienische Kommissare dar. Wie es heißt, soll er in der DDR auch mal Landesmeister im Surfen gewesen sein, Mit anderen Worten, der Mann ist eine Klasse für sich. Da lohnt es, das schöne Radioporträt „Das war nicht mein Text, das war meine Haltung“ von Jürgen Balitzki zu hören. Hübchens bewegtes Leben, in Form eines Roadmovies nacherzählt. Der gerade 61 Jahre alt gewordene Held des bunten Abends gibt mit erprobter Coolness seinen Kommentar dazu (Deutschlandfunk, 1. Mai, 12 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Karl Marx' Schrift „Das Kapital“ gehört zu jenen dicken Wälzern, die man gern gelesen und noch lieber verstanden hätte. Meist fehlen dann allerdings Zeit, Energie oder gar Intelligenz. Helgard Haug und Daniel Wetzel bieten einen schönen Ausweg aus der Misere. Für ihr Doku-Hörspiel „Karl Marx: Das Kapital, Band 1“ haben sie in halb Europa interessante Zeitgenossen gefunden, deren Leben als Kommentar zur Marxschen Kapitalismusanalyse verstanden werden kann. Aus biografischen Erinnerungen entsteht ein charmantes Puzzle, das komplizierte Soziologie durch leichtfüßige Anekdoten ersetzt. Wir hören einen ergrauten Marx-Forscher, einen renommierten Anlagebetrüger, einen deutschen Maoisten, der in China zu Geld kam und andere Spezialisten des kapitalistischen Alltags (Deutschlandfunk, 6. Mai, 20 Uhr 10).

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