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Internet-Fernsehen: Sieben Tage, sieben Knöpfe

Die TV-Mediatheken werden immer komfortabler, dafür bleibt das Angebot beschränkt

Am Freitag gab es in Mainz Grund zum Feiern: Für seine Internetmediathek erhielt das ZDF den renommierten Designpreis des German Design Council. Der Rat für Formgebung lobte an dem vor drei Monaten runderneuerten Internetangebot des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders die „klare und übersichtliche“ Struktur sowie die intuitive Benutzerführung. „Internetnutzer jeden Alters können sich darin zurechtfinden“, meinte die Jury. Für die TV-Sender sind die Mediatheken inzwischen ein fester Bestandteil in der Programmplanung. Als das Erste seine Pressekonferenz zur Dopingreportage von Hajo Seppelt in der vergangenen Woche erst am Tag der Ausstrahlung abhielt, konnten sich die Verantwortlichen darauf verlassen, dass diese sehenswerte Sendung das interessierte Publikum in jedem Fall erreicht, auch wenn die Ausstrahlung zu nachtschlafener Zeit längst gelaufen war. Gleiches gilt nicht nur für die Schattenseiten des Sports, sondern zurzeit für die gesamten Olympischen Winterspiele in Kanada. Nicht jeder Zuschauer kann sich schließlich morgens die Zusammenfassungen der Wettbewerbe aus der letzten Nacht ansehen. Dafür sind Mediatheken wie geschaffen.

Die Mediatheken der deutschen Fernsehsender haben etwas von einem großen See. In ihrer Mischung aus öffentlich-rechtlichen Angeboten und privaten Programmen stellen sie eine Seenplatte dar, die Tag für Tag mit frischem Wasser gespeist wird. Allzu erwartungsvoll darf der Zuschauer jedoch nicht hineinspringen in das virtuelle Programm. Der See mag groß sein, tief ist er nicht. Im Interessenkonflikt zwischen den gebührenfinanzierten Sendern und ihren nach Refinanzierung trachtenden privaten Konkurrenten haben sich die Kontrahenten am britischen BBC-Modell mit der dort eingeführten Sieben-Tage-Regel orientiert. So lange dürfen Sender wie ARD, ZDF oder Arte Sendungen online vorhalten. Danach müssen sie aus dem Internet genommen werden. Die Privatsender könnten zwar für sich entscheiden, auf eine solche zeitliche Befristung zu verzichten. Sie haben darum die Regel von den sieben Tagen auch etwas anders ausgelegt. Die Sender der RTL-Gruppe und von ProSiebenSat1 stellen viele Beiträge eine Woche lang umsonst ins Netz, danach werden Gebühren erhoben.

Die Sieben-Tage-Regel hat für die Zuschauer allerdings vor allem Nachteile. Zwar ist es erfreulich, dass die ARD nun auch den „Tatort“ in ihrer Mediathek eine Woche lang zur Verfügung stellt, doch wer noch einmal kurz eine Szene aus dem Krimi vom vorletzten Sonntag nachsehen will, hat Pech gehabt. Da haben es selbst die Fans von Formaten wie „Deutschland sucht den Superstar“ besser. Die aktuelle Ausgabe der Dieter-Bohlen-Show – zurzeit der zweite Teil des Recalls aus der Karibik – kann auf www.rtlnow.de kostenlos abgerufen werden. Den ersten Teil sowie die zuvor gelaufenen Castings gibt es für 99 Cent als Video-on-Demand auf der gleichen Seite, entweder durch einen direkten Link oder über die Suchfunktion. Wer aber nur an den Highlights interessiert ist, wird von RTL auf das Videoportal Clipfish verwiesen.

Die Mediatheken kranken vor allem an ihrer Unübersichtlichkeit. Das gilt – siehe ZDF – weniger für die einzelnen Angebote, sondern für die Gesamtheit. Ohne einheitliche Standards kann jeder Sender seine Mediathek nach eigenem Ermessen gestalten. Anders als auf dem Fernsehschirm, wo jedes weitere Programm immer nur einen Knopfdruck auf der Fernbedienung entfernt liegt, fällt die Orientierung im Internet erheblich schwerer. Mal ist die Mediathek ein direktes Unterangebot der Homepage, so wie bei den aktuellen Serienfolgen von ProSieben oder Kabel 1, mal muss wie bei den Seiten der RTL-Familie eine gesonderte Seite wie www.rtlnow.de oder www.voxnow.de aufgerufen werden. Oder es handelt sich wie bei ARD und ZDF um Unterseiten der Webseite. Oder die Sendungen befinden sich bereits in den kostenpflichtigen Abrufangeboten (Video-on-Demand), unter anderem bei maxdome.de der ProSiebenSat1-Gruppe. In jedem Fall muss sich der Zuschauer neu orientieren, um dann oftmals doch feststellen zu müssen, dass längst nicht jede Sendung ihren Weg in die Mediathek gefunden hat.

Möglicherweise löst sich dieses Problem bald von selbst. In den USA ist Hulu.com längst die zentrale Anlaufstation für TV-Junkies. Apple setzt zudem dazu an, mit dem Tablet-PC iPad das zu wiederholen, was dem Konzern bereits zuvor einmal geglückt ist. Obwohl es lange vor dem iPod gute MP3-Player gab, wurde Apples Musikspieler quasi zum Synonym für die gesamte Gerätegattung, der dazu gehörige iTunes-Musikstore diktiert seither die Preise für Verbraucher und Plattenfirmen. Wie das „Wall Street Journal“ berichtet, verhandelt Apple zurzeit mit den US-Networks über niedrigere Einstellgebühren für deren TV-Sendungen. Das Unternehmen von Steve Jobs will die Preise offenbar zum Verkaufsstart des iPads im März auf 99 Cent halbieren. Das dürfte auch für die deutschen iTunes-Nutzer interessant sein, bislang kosten die Fernsehsendungen dort rund 2,50 Euro.

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