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Interview: "Das macht meine Frau wahnsinnig"

Rund 4500 Mal hat er RTL-"Aktuell" moderiert: Peter Kloeppel über 20 Jahre Anchorman, Sensationsbedürfnisse und iPads im Bett.

Rund 4500 Mal hat Peter Kloeppel, der im Oktober 1958 in Frankfurt am Main geboren wurde, seit seiner ersten Sendung am 30. März 1992 RTL-„Aktuell“ moderiert. Der DiplomAgraringenieur wurde an der Henri-Nannen-Schule zum Redakteur ausgebildet, 1985 heuerte er im Bonner Studio des ein Jahr zuvor gegründeten Senders RTL an. Er wurde Studioleiter, ging 1990 als Korrespondent nach New York, bevor er dann zu RTL-„Aktuell“ wechselte. Seit 2004 ist Kloeppel auch RTL-Chefredakteur. Er lebt mit seiner aus dem US-Bundesstaat Minnesota stammenden Frau und der gemeinsamen Tochter in Köln. sop

Herr Kloeppel, wann haben Sie Ihr letztes Huhn geschlachtet?

Das muss 1981 gewesen sein, als ich auf einem Bauernhof ein Praktikum gemacht habe. Wenn dort die Tiefkühltruhe leer war, musste ein Huhn dran glauben.

So viel Spaß scheint Ihnen das nicht gemacht zu haben. Denn nach dem Ende Ihres agrarwissenschaftlichen Studiums sind Sie doch Journalist geworden.

Viele Menschen wussten damals wenig über das Landleben, deshalb habe ich denen davon erzählt und mich plötzlich in der Rolle des Landwirtschaftserklärers wiedergefunden. Das hat so großen Spaß gemacht, dass ich meine kommunikativen Wünsche mit meinen agrarwissenschaftlichen Talenten zusammenbringen und Journalist werden wollte.

Heute sind Sie nicht mehr nur Landwirtschafts-, sondern quasi Welterklärer: Seit 20 Jahren moderieren Sie jetzt schon die Nachrichtensendung RTL-„Aktuell“ als sogenannter Anchorman. Was unterscheidet Sie von einem Nachrichtenmoderator?

Eigentlich haben ein Anchorman und ein Nachrichtenmoderator den gleichen Job, nur dass der eine eben den englischen Titel hat und der andere den deutschen.

Und Sie haben den schickeren Titel gewählt?

Ich selbst würde mich nicht als Anchorman bezeichnen, weil es doch eine sehr amerikanische Bezeichnung ist. Anchor bedeutet übersetzt Anker. Eine Erklärung für die Herkunft des Namens ist, dass man als Moderator quasi der Anker in dem turbulenten Nachrichtengeschehen ist. Eine andere besagt, dass der Titel durch die Tische der Moderatoren geprägt wurde, die in den USA früher wie ein Anker geformt waren.

Immerhin scheinen Sie seefest zu sein, mit RTL-„Aktuell“ haben Sie ZDF-„heute“ überholt und belegen hinter der „Tagesschau“ Platz zwei der beliebtesten Nachrichtensendungen. Was hat sich mehr verändert: der Geschmack der Zuschauer oder Ihre Sendung?

Das ist schwer zu sagen. Der Nachrichtenstrom ist heute sehr viel schneller geworden, wir bekommen so viele Informationen an jedem Ort zu jeder Tageszeit, wie wir es uns vor 20 Jahren noch gar nicht hätten träumen lassen können. Der Drang und der Druck, Nachrichten einzuordnen, ist größer geworden. Viele Menschen erwarten heute noch mehr von einer Nachrichtensendung, dass sie wie ein Filter das Wichtige vom Unwichtigen trennt.

Und das macht RTL-„Aktuell“ besser als ZDF-„heute“?

Das Urteil darüber überlasse ich gerne anderen.

Vielleicht haben Sie das öffentlich-rechtliche ZDF auch deshalb überholt, weil Sie eher das Sensationsbedürfnis der Zuschauer bedienen. Kürzlich berichteten Sie fast zehn Minuten lang über die in dem Bus verunglückten belgischen Schüler, vergleichsweise kurz kam dafür die am selben Tag entschiedene Auflösung des Landtags in Nordrhein-Westfalen.

Es gibt natürlich Unterschiede in der Gewichtung. Aber wir orientieren uns im Allgemeinen und auch bei so schrecklichen Ereignissen nicht an einem Sensations-, sondern am Informationsbedürfnis der Zuschauer. Außerdem sind wir in den vergangenen Jahren deutlich politischer geworden.

Inwiefern?

Wir versuchen, politische Themen für die Zuschauer so runterzubrechen, so dass sie in ihrem Alltag etwas mit der jeweiligen Nachricht anfangen können. Geht es beispielsweise um die Rentenreform, wollen wir keine Limousinen zeigen, die am Kanzleramt vorfahren, sondern beleuchten, welche Auswirkung die Reform auf die Menschen hat.

Haben Sie sich diesen Stil bei den amerikanischen Kollegen während Ihrer Zeit als US-Korrespondent abgeschaut?

Ich habe bei denen vor allem vergleichsweise viel Empathie bemerkt, denn ich erreiche die Zuschauer nicht, wenn ich Nachrichten wie ein Regierungssprecher vom Blatt ablese. Mir geht es darum, Nachrichten in einer Sprache und einem Ton zu präsentieren, der verständlich ist. Das heißt nicht, dass ich allen fröhlich auf die Schulter klopfe und sage: Hey Alter, wir machen jetzt hier mal Nachrichten.

Für Ihre souveräne Moderation über die Anschläge vom 11. September 2001 sind Sie mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet worden. Haben Sie seither das Gefühl, allen Nachrichtensituationen gewachsen zu sein?

Nein, das ganz sicher nicht. Jede Nachricht und jeder Tag ist neu und anders. Die Nervosität, die Anspannung, die Ungewissheit darüber, was bei Breaking-News-Situationen in den nächsten Minuten und Stunden passiert, ist jedes Mal so neu wie damals.

Haben Sie neben dem Bett ein iPad liegen, so dass Sie sich gleich nach dem Aufwachen über solche Breaking-News informieren können?

Nein, das würde meine Frau wahnsinnig machen. Wenn wirklich etwas ganz Wichtiges passiert, werde ich in der Nacht ohnehin geweckt. Beim Frühstück lese ich drei Tageszeitungen, schaue noch kurz aufs iPhone, was über Nacht passiert ist.

Und abends läuft bei Ihnen RTL?

Wenn ich um viertel nach acht, halb neun nach Hause komme, ist erst mal kein Fernsehen angesagt, sondern wir essen zusammen und unterhalten uns über den Tag.

Und danach schauen Sie RTL-Formate wie „Dschungelcamp“, „DSDS“ oder „Der Bachelor“?

Das „Dschungelcamp“ verfolge ich immer mit großem Interesse. Auch bei „DSDS“ schaue ich rein. Aber ansonsten sehe ich gerne den amerikanischen Nachrichtensender CNBC oder Al Dschasira.

Mit Günther Jauch und Markus Lanz sind bereits zwei Ihrer früheren Kollegen ins öffentlich-rechtliche Fernsehen gegangen. Wann wechseln Sie?

Ich hege keine Absichten, ihnen zu folgen. Bei RTL habe ich seit 1985 so viel machen können, dass es mich nie in den Fingern gejuckt hat, irgendwo anders hinzugehen. Ich hab auch nicht das Gefühl, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird.

Das Gespräch führte Sonja Pohlmann.

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