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Interview: "Sportschau"? Am liebsten nach 22 Uhr

Bundesliga-Rechte: Premiere will mehr Abstand zwischen Pay- und Free-TV und drei Spiele am Sonntag.

Herr Schmidt, wer braucht wen mehr: die Fußball-Bundesliga das Pay-TV Premiere oder Premiere die Fußball-Bundesliga?

Wir haben 2005 den Test gemacht, ob wir auch ohne Bundesliga-Fußball leben können – die TV-Rechte gingen damals ja an Arena. Damals haben wir de facto nur 160 000 Abonnenten verloren. Trotzdem sind wir selbstkritisch genug zu sagen, dass wir ein weiteres Experiment erst gar nicht eingehen wollen. Die Liga wie Premiere sind längst bereit, die jeweilige Leistung des anderen anzuerkennen.

Heißt das aber auch, dass keine Seite die andere unter Druck setzen kann?

Definitiv ist bei Premiere ein neuer Realismus eingekehrt. Wir wollen keine Druckszenarien entwerfen. Die Liga ist souverän, nur sie entscheidet, ob sich zum Beispiel am Samstagabend der TV-Fahrplan ändern könnte.

Wenn Sie die vergangenen Ausschreibungen mit der kommenden vergleichen, was hat sich generell verändert?

Das Interesse der Liga ist weiterhin sehr hoch, weitere Bieter aus dem Bereich des digitalen, entgeltfinanzierten Fernsehens zu motivieren, in den Markt einzutreten. Die Liga scheint getrieben davon zu sein, die Wettbewerbsintensität zu steigern.

Sie sprechen von den Telekommunikationsunternehmen und Kabelgesellschaften, die die eigentlichen Konkurrenten des Pay-TV Premiere sind. Das macht Ihre Situation nicht leichter.

Das möchte ich so nicht sagen. Es bleibt ein sehr ambitioniertes Geschäft, in Deutschland Pay-TV nach vorne zu bringen. Wir haben, seitdem wir am 2. März 1991 das erste Bundesligaspiel übertragen haben, mehr als eine Milliarde in den deutschen Fußball investiert. Wir haben noch nicht alle Investitionen zurückverdient. Das muss auch jeder künftige Wettbewerber in unserem Segment wissen.

Beispiel Frankreich: Von der Saison 2008/2009 an werden dort pro Spielzeit 668 Millionen Euro in die Kassen fließen. Für den Erlösschub sorgt, dass ein Mobilfunkunternehmen, die France-TelekomTochter Orange, mitgeboten hat.

Wahr ist, dass es in Frankreich in der Vergangenheit einen sehr viel härteren Wettbewerb beim Pay-TV gab. Die französische Liga hat von einer Steigerung von 650 auf 750 Millionen Euro pro Saison geträumt. Gelandet ist sie bei 668 Millionen. Getrieben in der Tat von Orange, das Rechte für Mobilfunk und Internetfernsehen erworben hat. Dafür wird es im französischen Free-TV kein Bild mehr von der französischen Liga zu sehen geben. Das ist eine Entwicklung, die man hier mal zur Kenntnis nehmen muss – ohne dass Premiere auch nur ansatzweise fordert, dass die Bundesliga aus dem Free-TV komplett verschwindet.

Spielen wir mal Wunschkonzert. Wie sieht Ihr ideales Modell für einen Spieltag im Pay- und im Free-TV ab der Saison 2009/2010 aus? Heute gibt es ein Spiel am Freitag, sechs Partien am Samstag und zwei Spiele am Sonntag.

Wir wollen ausdrücklich keine Aufrasterung des Spieltages wie in England, also sieben Anstoßzeiten. Was wir wollen: ein Freitagsspiel, fünf Partien am Samstag und drei Spiele am Sonntag mit zwei unterschiedlichen Anstoßzeiten, vielleicht um 16 Uhr und um 18 Uhr. Wir halten nichts von Spielen am Samstag zur Prime Time, das würde die Fans und die Familien in Deutschland absolut überfordern. Frühe Anstoßzeiten vor 14 Uhr finden aus unserer Sicht nicht genügend Nachfrage.

So bescheiden, Herr Schmidt? Sie werden mehr in die Liga-Kasse zahlen und wollen nur ein Sonntagsspiel mehr.

Nein, nein, da müssen wir uns auch über Samstag unterhalten. Die Erstverwertung im Free-TV kann nicht schon eine Stunde nach Abpfiff stattfinden. Wenn wir stärker wachsen, mehr Erlöse erzielen wollen und mehr an die Liga zahlen sollen, dann kann es die „Sportschau“ um 18 Uhr 30 nicht länger mehr geben. Alle anderen Positionen zu Freitag oder Sonntag sind dem gegenüber zu vernachlässigen.

Nun gibt es am Samstag zwei festsitzende Rituale: Anstoß um 15 Uhr 30, „Sportschau“ um 18 Uhr 30. Sie wollen lieb gewonnene Gewohnheiten ändern.

Ja, möglicherweise wird das so in der Öffentlichkeit diskutiert. Wenn aber der Spitzenfußball in Deutschland bleiben soll, dann wird es mit dieser Romantik nicht nach vorne gehen. Wir würden die Fortentwicklung mitfinanzieren. Wenn die Liga weiterhin an diesem Zeitpunkt, also „Sportschau“ um 18 Uhr 30, aus gesellschaftspolitischen Gründen festhalten will, werden wir uns trotzdem an diesem Bieterverfahren im Rahmen unserer Möglichkeiten beteiligen. Aber selbst wenn der „Sportschau“-Termin fällt, dann wird der deutsche Fan immer noch das größte Free-TV-Angebot in ganz Europa haben, was die eigene Spitzenliga angeht.

Wann wird der Free-TV-Zuschauer am Samstag das erste Mal den Ball rollen sehen, wenn es nach Ihren Vorstellungen geht?

Ab 22 Uhr. Das ist ein etablierter, gelernter Platz für Sport im Fernsehen am Samstag. 20 Uhr 15 ist es nicht, da wird andere Ware im Fernsehen nachgefragt.

Da werden Ihnen die Herzen nicht zufliegen.

Wir werden nicht den Schwarzen Peter haben. Wir fordern das nicht ultimativ, wir stehen zur Verfügung, wenn der Fußball sich in diese Richtung verändern will. Was auch die Liga weiß: Die Refinanzierungsmöglichkeiten für Bundesliga-Fußball wachsen im Pay-TV stärker als im Free-TV. Auch die Sponsoren glauben nicht mehr an die „Heilige Kuh“ namens „Sportschau“. Die Sponsoren der Klubs wollen Mediendruck über alle elektronischen Medien, über das ganze Wochenende. Das wird auch ohne „Sportschau“ um 18 Uhr 30 gelingen.

Finden Sie wirklich, dass der Fußball, verglichen mit der Qualität der anderen Fernsehware, dieses ungeheuer viele Geld wert ist?

Ach, auch „Wetten, dass ...?“ verdient nicht immer die Quoten, die die Show einfährt. Die Bundesliga hat eine Faszination durch die Unwägbarkeit des Ausgangs, sie hat eine Alleinstellung wie kaum ein zweites Produkt. Das gilt nicht für jedes Spiel, das gilt aber für jeden Spieltag und den Wettbewerb als solchen.

Das Interview führte Joachim Huber.

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