zum Hauptinhalt

Medien: „Jeder hat se jelesse“

Schöner als der treue Leser Jörg Pütz, Vorsitzender der Karnevalsgesellschaft „Halt Pol“ hätte es kaum einer in Bad Honnef sagen können: „Die HVZ sull et nit mieh jevve?“, schrieb er in einem verzweifelten Leserbrief, als er erfahren hatte, dass die „Honnefer Volkszeitung“ (HVZ) nach 121 Jahren eingestellt wird.

Schöner als der treue Leser Jörg Pütz, Vorsitzender der Karnevalsgesellschaft „Halt Pol“ hätte es kaum einer in Bad Honnef sagen können: „Die HVZ sull et nit mieh jevve?“, schrieb er in einem verzweifelten Leserbrief, als er erfahren hatte, dass die „Honnefer Volkszeitung“ (HVZ) nach 121 Jahren eingestellt wird. „Woher erfahr ich den jetz wer hirode will, wer e Kind gekrisch hätt, wer Geburtstag un Joldene Huhzick hät, un vor allem wer jestorve is?“ Schuld an der prekären Lage sind laut Geschäftsführerin Katja Terheyden der Bonn/Berlin-Beschluss und der Anzeigenrückgang. Von der Krise betroffen sind nicht nur die großen, namhaften Blätter wie, von denen zurzeit alle reden.

Entsetzt und geschockt sei man in Bad Honnef jetzt, sagt Pütz. Und wie in einer Kleinstadt so üblich, wird der Betroffenheit auch höchstpersönlich Ausdruck verliehen. Seitdem die Entscheidung Mitte Mai bekannt worden ist, tauchen immer wieder enttäuschte Leser in der Redaktion auf. „Wir haben eben eine sehr enge Leser-Blatt-Bindung“, sagt der Chefredakteur Victor Franke. „Wir gehören zu Bad Honnef wie die Kirche zum Dorf.

Die „HVZ“ sei ein Unikat – diese Einschätzung hört man immer wieder. Das Besondere an einer der kleinsten Tageszeitungen Deutschlands: Vier feste, zwölf freie Redakteure, insgesamt über 30 Mitarbeiter haben jeden Tag eine sechs- bis achtseitige Tageszeitung mit einer Auflage von 6000 Exemplaren gestemmt.

Die Konkurrenz, die in Bad Honnef mit dem Bonner „Generalanzeiger“ und der „Kölnischen Rundschau“ groß war, erschwerte das Leben schon lange. Nachdem der Anzeigenmarkt nun um über 30 Prozent einbrach, war kein Halten mehr. Dabei sind Lokalzeitungen wegen ihrer Berichterstattung über die Belange der Gemeinde besonders wichtig. Über die Sitzungen des Karnevalsvereins wird wohl jetzt nicht mehr so ausführlich berichtet wie zuvor. „Bix erfahre me mieh üvver de Fastelovend. Wie han se jewählt? Wie woren de Sitzungen? Woren se jod besöök? Wer wor do und wer hätt jefählt?“, lamentiert Jörg Pütz in seinem Leserbrief weiter.

Bei den Bad Honnefern wurde die Zeitung liebevoll das „Käseblatt“ genannt. Und wie das so ist mit Käseblättern, zählt vor allen Dingen der Unterhaltungswert. Deswegen hat Jörg Pütz vielleicht gar nicht so unrecht, wenn er schreibt: „Ken Misch hät die Zeidung jebruch, ävver jeder hät se jelesse.“ Corinna Budras

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false