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Medien: Jenseits von Pointen

Harald Schmidt hat den Zwergenaufstand überlebt und kehrt in Bestform zurück

Wie beginnen? Wie fängt man eine Sache an, die ja irgendwie kein Ende hat und keinen Anfang, sondern nur eine Sommerpause? Vielleicht so: Harald Schmidt ist zurück, am vergangenen Mittwoch um Mitternacht erlebte er nach Wochen seine Auferstehung und schuld daran ist der Papst. Wobei Schuld nicht ganz das richtige Wort ist. Bevor Schmidt ging, um sich auf der Insel Föhr zu erholen, schrieben und sagten alle, alle, alle, dass er nicht mehr gut sei, nicht mehr der, der er mal war, vor Jahren, bei Sat 1. Manches von dem, was alle, alle, alle schrieben und sagten, stimmte, aber das war noch lange kein Grund den Besten, den wir haben, mit einer Art Zwergenaufstand aus dem Fernsehen zu mobben. Es wäre ein Grund, wenn das Fernsehen generell großartig und überraschend und spannend wäre. Aber dann ging Schmidt, und der Sommer kam, und auch dem letzten fiel auf, wie armselig das ist, was die Verantwortlichen so wegsenden, es sei denn, sie senden Sport, das können sie meistens.

Was machte Schmidt? Er trat vor zwei Wochen in „Talk der Woche“ auf, sagte viermal was (was Kluges, was Lustiges, was Überraschendes, was Nettes) und machte damit Lust auf mehr. Und in der Schweizer „Weltwoche“ erschien ein Interview, das André Müller mit Harald Schmidt führte, und dieses Interview war lehrreich, amüsant, lustig und traurig. Schmidt redete auch über seinen Glauben, er ist Katholik, er sagte, dass er keine Angst vor der Hölle habe – nicht, weil er ein guter Mensch sei, sondern ein „schwacher Mensch, der sich bemüht“. Auf die Frage, ob das genüge, antwortete Schmidt: „Ja, was man so hört…“ Und als Müller mit Schmidt über den Satz sprechen wollte, er sei „der größte Verehrer des Papstes auf Erden“, den er in einem Interview mit Günther Gaus gesagt hat, sagt Schmidt: „Ja, aber bei Gaus war ich schlecht, weil ich so ehrgeizig war.“

Und das ist die Meldung zu seiner Rückkehr: Nach fast zehn Jahren Late-Night ist Schmidt in seiner Sendung nicht mehr ehrgeizig, er macht sie, um gegen seine Langeweile anzukämpfen. In den Sendungen vom Mittwoch und vom Donnerstag hat er diesen Kampf gewonnen. Beide Sendungen hatten den Besuch des Papstes zum Weltjugendtag als Thema, und die Sendungen hatten ein Tempo, wie man es im deutschen Fernsehen selten sieht. Schmidt kam raus, zitierte Joachim Kardinal Meisner („Nun lasst mal gut sein.“), dann begann das Feuerwerk. Schmidt erzählt keine Witze mehr, das hat er hinter sich, Schmidt erzählt, wie er die Welt sieht, und er hat sich noch nicht entschieden, ob sie ein guter oder ein schlechter Ort ist, aber für beide Fälle wäre Schmidt vorbereitet. So wie er vorbereitet war auf den Besuch von Jugendlichen aus El Salvador, die während des Weltjugendtages in seinem Studio übernachten. Harald Schmidt zeigt einen Einspieler von der Ankunft: wie er ihnen ihre Zimmer zeigt – in dem „Weltwoche“-Interview gab er als seinen Beruf „Conférencier“ an. In dieser Eigenschaft war er auf dem Weltjugendtag unterwegs, Einspieler dokumentieren es: wie er sich mit Olga aus Weißrussland fotografieren lässt; wie er von einer Weltjugendtagsbegeisterten massiert wird und dann zurückmassiert; wie nicht nur seine eigene Langeweile, sondern auch immer die der Menschen, die Schmidt bei der Arbeit zuschauen, verschwindet. Nebenbei erzählt er, dass der interne Spitzname von Nachrichtensprecher Peter Kloeppel bei RTL „Blech-Kloeppel“ sei – so etwas vergisst man jetzt nie wieder.

Viele Menschen werden wohl auch nie vergessen, dass der Papst nach Köln kam – Schmidt-Zuschauer werden nie wieder den kleinen Film vergessen, den Schmidt auf dem Presseschiff gedreht hat, das das Schiff des Papstes begleitet hat. „Wir hören live im Radio, was wir nicht sehen können“, sagte Schmidt, nachdem er achtmal gesagt hatte, dass man von diesem Schiff absolut gar nichts sehen könne, dass nur Loser auf dem Presseschiff seien und dass der Teil der ARD-Mitarbeiter, die nicht in Untersuchungshaft sitzen, den Sicherheitsscheck durchgeführt haben. Schmidt hatte übrigens Geburtstag, er sagte, er sei Jahrgang 1974.

Dabei führte er durch seine Show mit der Energie eines 12-Jährigen. Er machte sich über seine eigene verkorkste Rheinfahrt von vor zwei Jahren lustig; er erkor „Langzeitfreiwillige“ zu seinem Lieblingswort;und er erklärte, dass das Autokennzeichen des Papstwagens etwas mit der Uraufführung des Stückes „Nathan der Weise“ zu tun hat. Er stellte noch einmal klar, dass der Papst-Segen nur dann gilt, wenn man ihn live im Fernsehen sieht – Aufzeichnung bringt nichts. Er zeigte einen „Pilger-Index“ und wunderte sich, dass die Zahl der Pilger zwischen 200000 und 400000 schwankt. Er betonte, dass die Vogelgrippe jetzt endlich verboten sei. Und vor dem Fernseher konnte man nur noch staunen und sich wundern, wie kaputt man sein muss, um dass alles nicht als Erlösung zu empfinden.

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